2020 — ein gutes Jahr für M&A- und IPO-Aktivitäten
Es waren 2020 trotz Corona viel Liquidität und Interesse für IPOs im Markt: die weltweiten IPO-Erlöse erhöhten sich um 42% von 233 Mrd. USD in 2019 auf 331 Mrd. USD in 2020. In den USA stieg das IPO-Volumen sogar um 118% auf 127 Mrd. USD während es sich in Deutschland von 3,5 Mrd. EUR in 2019 auf 1,1 Mrd. EUR in 2020 reduzierte. 2020 war damit das schwächste deutsche IPO-Jahr seit der Finanzkrise.
Diese Zahlen belegen eindrücklich, wieso es für deutsche Unternehmen, insbesondere Technologieunternehmen wie die VIA optronics, häufig sinnhafter ist in den USA an die Börse zu gehen als in Deutschland: (i) die Nachfrage ist stärker, (ii) das Verständnis für und Interesse an ambitionierten Unternehmen sind größer und daraus folgend sind (iii) die Bewertungen aus Unternehmenssicht viel attraktiver. Zudem muss sich ein Unternehmen bei der Wahl des Börsen-Standortes fragen, wo die sogenannten Peers (Vergleichsunternehmen) am besten sind. Im Falle der VIA optronics sind viele Kunden entweder in den USA tätig bzw. in NY gelistet. Auch die Frage der Liquidität eines Börsenplatzes ist relevant, besonders nach einem IPO – denn danach soll ja auch die Aktie „drehen“.
Ich antizipiere in 2021 weiter wachsende IPO Märkte, von der Region her insbesondere in Asien (Singapur, Hongkong, Tokyo) und Nordamerika (NY). Von den Themenfeldern sehe ich bei SPACs, Life Sciences R&D Firmen bedingt durch die derzeitige Pandemie sowie bei Firmen mit einem ausgesprochenen ESG-Fokus Wachstumsfelder. Weiterhin werden Technologie-Firmen, alle Arten von Cloud-Plattformen interessante IPO-Kandidaten. Ich glaube aber auch, dass die Volumina pro Börsengang, sogenannte IPO-Proceeds, in 2021 sinken werden und im Mittel weit unter € 500 Mio. liegen dürften.
„Unser“ Jahr 2020 ist sehr ähnlich dem Börsenjahr 2020 verlaufen: nach einem vielversprechenden Start in den ersten zwei Monaten erfolgte ein schnelles „on-hold“ für Transaktionen in der ersten Jahreshälfte. Grund war die große Unsicherheit mit dem (i) Umgang der Pandemie und vor allem (ii) den sich daraus ergebenen Konsequenzen, was letztlich zu (iii) Unklarheiten hinsichtlich Finanzierbarkeit und Unternehmenswerte führte. Die Projekte wurden folglich nicht abgebrochen, sondern es erfolgte schlicht keine Marktansprache und wenig Verhandlungen mit direkten Kontakten. Im Hintergrund wurde jedoch weiter an den Transaktionen gearbeitet. Ab August haben wir dann eine Aufholjagd in den Transaktionen gesehen. Investoren achteten 2020 sehr stark auf nachhaltige Geschäftsmodelle und waren auch bei den Unternehmensbewertungen sehr vorsichtig und konservativ. Die Multiples gingen bis auf wenige Ausnahmen en gros etwa um den Multiple-Faktor 0,5 runter – in Branchen, in denen wir vor der Pandemie 9,x als Multiplikator gesehen haben, war es danach eher ein Faktor von 8,x.
Mit sechs M&A‑Transaktionen und zwei IPO- bzw. Privatplatzierungen haben wir letztlich doch ein erfolgreiches Jahr vorzuweisen. Zudem haben wir bei Kloepfel Corporate Finance das Jahr genutzt, um unser Team gezielt zu verstärken und mit Frankfurt, neben Düsseldorf und München, einen weiteren Standort zu eröffnen.
Die gesamte Branche erwartet eine starke Zunahme der „distressed deals“: Creditreform-Hauptgeschäftsführer Volker Ulbricht spricht in der Tagesschau von 24.000 Insolvenzen oder mehr in 2021. Insofern wird es hier für die darauf spezialisierte M&A Community sicher genügend Transaktionsprojekte geben. „Distressed“ ist allerdings nicht unser Fokus. Bei Kloepfel Corporate Finance konzentrieren wir uns im M&A‑Geschäft auf gesunde Unternehmen und Unternehmer*innen, die entweder einen Exit suchen oder durch Zukäufe ihre Wettbewerbsposition gezielt stärken wollen. Dabei sind der weitaus größte Teil unserer Mid-Cap sell side Mandate (€ 30–250 Mio.) proprietär, d.h. durch die Gesellschafter/ Familien initiiert. Viele Unternehmer, auch die erfolgreichen, haben in den letzten 20 Jahren 3 maßgebliche Krisen miterlebt: die „Neue-Markt“ Krise, die „Finanzkrise“ und jetzt die „Pandemie“-Krise – das zehrt an den meisten gestandenen Geschäftsführer(innen). Auch diese Unternehmer/Gesellschafter kommen ins Nachdenken und erwägen eine Veräußerung ohne Not und mit ruhiger Hand.
Wir betreuen aktuell mehrere Kauf- und Verkaufsmandate aus verschiedenen, meist strukturell attraktiven Industrien und Märkten und gehen von einer leicht positiven Entwicklung an Transaktionen in diesem Jahr aus. Die hohe Liquidität, ein weiterhin sehr niedriges Zinsniveau, die zunehmende Anzahl an Cross-Border-Deals, eine Vielzahl an „suchenden“ Finanzinvestoren und erfolgreich geführten Unternehmen treiben diese Entwicklung auch in den kommenden 12 Monaten.
Über Dr. Heiko Frank
Dr. Heiko Frank, promovierter Betriebswirt der Universität Augsburg, ist seit über 20 Jahren im Bereich Corporate Finance tätig. Er begleitet seit vielen Jahren eine Vielzahl an Familienunternehmen, Konzerneinheiten und Family Offices bei dem Kauf & Verkauf von Unternehmen und Unternehmensteilen. Durch seine nahezu 30-jährige Tätigkeit im Bereich Professional Services verfügt Dr. Heiko Frank über signifikante Unternehmer- und Beratererfahrung, u. a. als Vorstand einer global agierenden M&A‑Unternehmensgruppe und Board Committee Member bei einem börsennotierten Beratungsunternehmen. Er ist Aufsichtsrat bei vier mittelständischen Unternehmen und Handelsrichter am Landgericht Augsburg. Dr. Heiko Frank ist Managing Director und Co-Founder der Kloepfel Corporate Finance GmbH.
Über Kloepfel Corporate Finance
Als eine der wesentlichen Business Units der Kloepfel Group hat sich Kloepfel Corporate Finance auf den Bereich Unternehmenstransaktionen und ‑finanzierungen spezialisiert. Unser Fokus liegt dabei auf Mergers & Acquisitions im Small- und Mid Cap Segment. Wir beraten und unterstützen nationale und internationale Unternehmen bei ihren Transaktionsbelangen, sowohl verkauf- als auch kaufseitig. Damit im Zusammenhang stehende Finanzierungserfordernisse sind ebenfalls Schwerpunkt unserer Dienstleistung.