ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Christian Wirth

Die Psychologie der Preise

Dazu 3 Fragen an Christian Wirth

Opti­mal Price GmbH
Foto: Chris­tian Wirth
12. April 2022

Kunden entschei­den selten allein auf Basis der Preis­höhe. Oft kennen sie den Preis eines soeben gekauf­ten Produk­tes gar nicht. Und erst recht nicht die Preise von Konkur­­renz-Produk­­ten. Viel wich­ti­gere Krite­rien sind häufig, ob das Produkt zum geplan­ten Nutzungs­ver­hal­ten passt und ob man sich fair behan­delt fühlt.


Dazu 3 Fragen an Chris­tian Wirth, Grün­der der Opti­mal Price GmbH, München

1. Warum wird die Preis­ge­stal­tung für Unter­neh­men immer wichtiger?
Für ein Unter­neh­men wirken die Preise mit einem großen Hebel auf die Erträge. Für den Kunden ist die Preis­liste ausschlag­ge­bend, wie er seine Kauf­ent­schei­dung trifft — oder auch nicht. Die Preis­liste wird damit zu einem der wich­tigs­ten Elemente im Kauf­ent­schei­dungs­pro­zess. Viele Unter­neh­men beschränken sich bei der Preis­ge­stal­tung viel zu sehr auf die Preis­punkte. Mit viel Aufwand versucht man Fragen wie “Kann ich mein Produkt für 130.- oder für 140.- Euro verkau­fen?” zu beant­wor­ten. Dabei geht es bei der Preis­ge­stal­tung um viel mehr als um die Fest­le­gung der Preis­punkte. In meinem Verständnis ist eine Preis­liste, zu der auch ein indi­vi­du­el­les Ange­bot gehört, ein Kommu­ni­ka­ti­ons­me­dium und wich­ti­ges Binde­glied zwischen den Kunden und den Anbie­tern. Eine gute Preis­liste führt zu einem part­ner­schaft­li­chen Dialog. Sie gibt dem Kunden eine Orien­tie­rung und erklärt ihm die ange­bo­te­nen Produkte und Services auf eine leicht verständliche Art. Eine gute Preis­liste bietet dem Kunden Auswahlmöglichkeiten und unterstützt ihn durch eine Bündelung der Produkte und Services bei der Auswahl eines für ihn passen­den Ange­bo­tes. Der Anbie­ter versteht durch eine gut aufge­baute Preis­liste die Bedürfnisse und Präferenzen seiner Kunden noch besser. Er kann mittels der Preis­liste über seine Leis­tun­gen und den geschaf­fe­nen Nutzen spre­chen. Mit einem Einstiegs­an­ge­bot zieht er neue Kunden an, in einer späteren Phase verkauft er diesen dann höherwertige Ange­bote. Durch das präzise Ange­bot von Optio­nen und Add-ons gene­riert er attrak­tive Zusatzerträge. All dies zeigt, dass man mit einer Preis­liste bzw. einem Ange­bot ein wirkungs­vol­les Instru­ment in der Hand hält, um sich mit seinen Kunden inten­siv über die Leis­tun­gen und deren Nutzen auszutauschen.
2. Worauf sollte man bei der Preis­ge­stal­tung achten?
Das Wich­tigste bei der Preis­ge­stal­tung ist ein gutes Verständnis der Bedürfnisse des Kunden sowie des für ihn geschaf­fe­nen Nutzens und Wertes. Dieses Verständnis ist die Grund­lage der Preis­dif­fe­ren­zie­rung. Bei der Preis­dif­fe­ren­zie­rung spricht man mit Produkt­va­ri­an­ten unter­schied­li­che Kundenbedürfnisse an. So erreicht man nicht nur ein brei­tes Spek­trum an Kunden­seg­men­ten, sondern stei­gert gleich­zei­tig auch deren Zahlungs­be­reit­schaft. Denken Sie beispiels­wiese an das Ange­bot von Star­bucks. Durch Produkt­va­ri­an­ten wie Espresso, Cappuc­cino oder Cara­mel Frap­puc­cino werden unter­schied­li­chen Kunden­seg­mente ange­spro­chen und deren Zahlungs­be­reit­schaft gestei­gert. Ein Espresso wird für 2,49 Euro verkauft und ein Cara­mel Frap­pu­cuc­cino für 6,49 Euro. Die Preis­dif­fe­ren­zie­rung hat noch einen weite­ren großen Vorteil: Sie ermöglicht die Anwen­dung von psycho­lo­gi­schen Preis­he­beln. Diese beru­hen auf irra­tio­na­len psycho­lo­gi­schen Prozes­sen, die die Zahlungs­be­reit­schaft der Kunden zusätzlich anre­gen. Zu diesen Prozes­sen zählen beispiel­weise “Anker­preise”: In dem Moment, in dem der Kunde einen hohen Preis für eine hoch­wer­tige Produkt­va­ri­ante wahr­nimmt, erschei­nen die Preise der darun­ter­lie­gen­den Produkt­va­ri­an­ten in seiner Wahr­neh­mung nied­ri­ger. Ein ande­res Beispiel ist der “Kompro­miss-Effekt”. Viele Kunden nehmen die Produkt­va­ri­ante in der Mitte als besten Kompro­miss aus Preis und Leis­tung wahr und wählen deshalb diese.
3. Wie sollte man bei der Preis­ge­stal­tung vorge­hen? Wie gestal­tet man einen Preis?
Wir empfeh­len unse­ren Kunden einen agilen und wert­ba­sier­ten Prozess der Preis­ge­stal­tung. In der ersten Itera­tion struk­tu­riert man seine Kunden­seg­mente, beschreibt seine Produkte und Services, analy­siert seine Kosten, den Markt und die Wett­be­wer­ber und defi­niert seine Preis­stra­te­gie. Dabei überlegt man sich, wie man seine Produkte und Services sinn­voll bündeln oder entbündeln und wie man mögliche Produkt­va­ri­an­ten gestal­ten kann. Dann wählt man die besten Preis­me­tri­ken, z.B. pro Stück oder pro User, aus. Am Ende der Itera­tion legt man die Preis­punkte fest. Hier empfeh­len wir unse­ren Kunden meist eine heuris­ti­sche Vorge­hens­weise. Diese leitet sich aus der gewählten Preis-Stra­te­gie ab, beruht auf einer struk­tu­rier­ten Wert­ana­lyse und zieht histo­ri­sche Erfah­rungs­werte heran. Ziel der ersten Itera­tion der Preis­ge­stal­tung ist der Entwurf einer Preis­liste – sozu­sa­gen eines “Mini­mal Viable Pricing Models”. Dieser Entwurf wird dann in weite­ren Itera­tio­nen konti­nu­ier­lich erwei­tert, verfei­nert und vali­diert. Am Ende des Prozes­ses steht ein Go-live Preis­mo­dell. Aber auch nach der Einführung dieses Preis­mo­dells am Markt lohnt es sich, dieses zu beob­ach­ten und weiter­zu­ent­wi­ckeln. Unter­su­chun­gen zeigen, dass Unter­neh­men, die ihre Preis­mo­delle konti­nu­ier­lich opti­mie­ren, erfolg­rei­cher sind als Unter­neh­men, die dies gar nicht oder nur unregelmäßig tun.     Über Chris­tian Wirth Als Geschäfts­füh­rer und Grün­der der Opti­mal Price GmbH unter­stützt Chris­tian seit 2014 Unter­neh­men jeder Grösse und aus allen Bran­chen bei der wert­ori­en­tier­ten Preisgestaltung. Er ist auf die Preis­ge­stal­tung von SaaS Lösun­gen und von inno­va­ti­ven, tech­nisch anspruchs­vol­len Produk­ten und Services spezia­li­siert. Die von ihm entwi­ckelte MUTUVAL Lösung zeich­net sich durch einen umfas­sen­den Ansatz, eine wert­ori­en­tierte Methode und eine agile Pricing Jour­ney aus. Mit abon­ne­ment- und nutzungs­ba­sier­ten Geschäfts- und Preis­mo­del­len hat er mehr als 20 Jahre Erfah­rung. Zu seinen Kunden zählen Telekom‑, Auto­mo­bil- und Finanz­in­dus­trie, die Swiss­com AG, Merce­des-Benz AG, MCC smart GmbH und Swiss Bankers Prepaid Services AG.   christian.wirth@optimalprice.com  

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