Erbschaftsteuerliche Aspekte bei der Bewertung von Private Equity Fonds
Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei der Erbschaftsteuerreform zwar nicht um die angekündigte minimal-invasive Reform handelt, aber im Ergebnis ist letztlich Vieles beim alten geblieben. Die beschlossenen Neuerungen führen zu Verschärfungen beim sog. Verwaltungsvermögen, zu Verschärfungen für Großvermögen und zur Verschärfung bei der Lohnsummenregelung für Kleinbetriebe. Sonderverschonungen gibt es für Familienunternehmen und zusätzliche Erleichterungen in Erbfällen, wie bspw. die Vermeidung der Besteuerung von Verwaltungsvermögen durch Investition in begünstigtes Vermögen innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall sowie die vorbehaltlose, zinsfreie zehnjährige Stundung der Erbschaftsteuer auf begünstigtes Vermögen.
Die Bewertung von Beteiligungen an Private Equity-Fonds ist zwar von diesen Neuerungen nicht betroffen, gewinnt aber in der täglichen Besteuerungspraxis vermehrt an Bedeutung. Anteile an Private Equity-Fonds werden durch Schenkung unter Lebenden bzw. durch Erbfall übertragen. Mangels expliziter gesetzlicher Regelungen zur Bewertung von (Anteilen an) Private Equity-Fonds wird die Beraterschaft – insbesondere bei einer Vielzahl von zu bewertenden Private Equity Fonds — vor einige Herausforderungen gestellt, die zumindest teilweise aber auch Gestaltungsspielraum bieten.
Die erbschaftsteuerliche Bewertung eines Private Equity-Fondsanteils ergibt sich aus dem Erbschaftsteuergesetz i.V.m. dem Bewertungsgesetz. Mangels Kodifizierung gesetzlicher Regelungen zur Bewertung von Beteiligungen an Private Equity-Fonds finden grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften zur Bewertung von vermögensverwaltenden und gewerblichen Personengesellschaften und damit die Regelungen zum sog. „gemeinen Wert“ Anwendung.
Beim gemeinen Wert handelt es sich in der Tat um die steuerrechtliche Generalklausel für die erforderliche Bewertung von Wirtschaftsgütern und somit auch für die von der vermögensverwaltenden oder gewerblichen Fondsgesellschaft gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften. Der gemeine Wert wird dabei definitionsgemäß durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Der steuerrechtliche Begriff des gemeinen Werts ist gleichbedeutend mit dem im Wirtschaftsleben verwendeten Begriff „Verkehrswert“ oder „Marktwert“.
In der Praxis haben sich verschiedene Ansätze entwickelt, den gemeiner Wert für nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften abzuleiten. Nach der gesetzlichen Grundregel, sind Anteile an nicht notierten Kapitalgesellschaften in erster Linie aus tatsächlichen Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die weniger als 1 Jahr zurückliegen (sog. Vergleichswertverfahren). Hat kein Verkauf des zu bewertenden Wirtschaftsguts im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattgefunden, muss der Preis — unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände und unter Ausschaltung ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse — geschätzt werden. Das Gesetz erlaubt dafür grds. (a) die Bewertung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder (b) die Bewertung nach einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode.
Eine Ermittlung des gemeinen Wertes durch die Kapitalisierung der Erträge stößt in der Praxis auf mehrere Probleme und Herausforderungen Nicht zuletzt aufgrund der Schwierigkeiten bei der erforderlichen Informationsbeschaffung kann der Anleger die Wertermittlung nach der Ertragswertmethode i.d.R. nicht vornehmen, so dass er sich auf die Wertermittlung nach einer anderen anerkannten Methode konzentrieren muss.
Im Rahmen der vierteljährlichen Berichterstattung an die Anleger werden bei Private Equity-Fonds quartalsweise Zeitwerte ermittelt. Die Summe der Zeitwerte der einzelnen Portfolio-Unternehmen führt rechnerisch zum NAV (Net Asset Value) des Private Equity-Fonds und bildet damit den Verkehrs- oder Marktwert der Portfolio-Unternehmen des Private Equity-Fonds vor Berücksichtigung etwaiger wertbeeinflussender Faktoren des Fondsanteils ab. Hierbei handelt es sich um einen sehr geeigneten Ausgangspunkt für die Ableitung des gemeinen Werts eines Anteils an einem Private Equity-Fonds.
Private Equity-Fonds bzw. die Bewertung dieser Fondsanteile weisen in der Tat eine Reihe von Besonderheiten auf, die einzeln oder kumuliert vorliegen können. Dabei handelt es sich bspw. um (a) etwaige Belastung mit einem latenten Carried Interest des Sponsors, (b) Beschränkungen bei der Übertragung des Private Equity-Fondsanteils, © Ausschluss des Kündigungsrechts der Investoren, (d) Konsequenzen bei der Nichtzahlung des abgerufenen Kapitals, (e) keine geeignete Handelsplattform in Form einer funktionierenden Börse u.a.m.
Vorgenannte Besonderheiten sowie die wertbeeinflussenden Faktoren (a) Börsenumfeld, (b) Cash Flow bis zum Ende der Laufzeit des Private Equity-Fonds, © früh- versus spätphasige Investments eines Private Equity-Fonds, (d) Volumen des Private Equity-Fonds sowie (e) Höhe des Zeichnungsbetrages haben erheblichen Einfluß auf die Bewertung eines Private Equity-Fondsanteils.
In Abhängigkeit vom konkreten Portfolio der Private Equity-Fondsanteile eines Anlegers bieten sich etwaig interessante Möglichkeiten auch im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge.