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FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Matthias Bönning (© Jan Greune)

ESG — Due Diligence

Dazu 3 Fragen an Matthias Bönning

fors.earth capi­tal
Foto: Matthias Bönning (© Jan Greune)
13. Juni 2022

Die Anfor­de­run­gen hinsicht­lich der Nach­hal­tig­keit von Unter­neh­men führen zu einer gewal­ti­gen Trans­for­ma­tion der Wirt­schaft. Dennoch wird das Thema ESG immer noch recht stief­müt­ter­lich behan­delt. Warum das so ist, dazu 3 Fragen an Matthias Bönning, Co-Geschäfts­­­füh­­rer bei fors.earth capital


Dazu 3 Fragen an Matthias Bönning, Co-Geschäfts­füh­rer bei fors.earth capital

1. Warum tun sich in der Praxis noch viele Unter­neh­men mit akti­vem ESG-Manage­ment schwer?

Das trifft sowohl auf Käufer als auch auf Ziel­un­ter­neh­men zu. Klas­si­sche Themen wie Finan­zen oder recht­li­che Aspekte stel­len aus Sicht von PE-Gesell­schaf­ten im Rahmen einer Due Dili­gence nach wie vor greif­ba­rere und mate­ri­el­lere Risi­ken dar als ESG-Themen. Zudem haben gerade klei­nere Private Equity-Firmen zumeist nicht die Ressour­cen und Exper­tise, um Nach­hal­tig­keits­aspekte syste­ma­tisch zu berück­sich­ti­gen. Auch auf Seiten der Ziel­un­ter­neh­men wird ESG gerade im Mittel­stand in vielen Fällen nur punk­tu­ell gema­nagt. Viel­fach verspü­ren Unter­neh­men im Alltag noch keinen exter­nen Druck, akti­ves Nach­hal­tig­keits­ma­nage­ment zu betrei­ben. Auch ist für viele ESG als Gesamt­kon­zept in der unter­neh­me­ri­schen Praxis noch zu abstrakt.

Aller­dings ändern sich momen­tan die Rahmen­be­din­gun­gen – mit spür­ba­ren Folgen für Käufer und Unter­neh­men. Die mensch­ge­mach­ten Verän­de­run­gen auf unse­rem Plane­ten werden immer sicht­ba­rer und mit ihnen die Verwund­bar­keit vieler Geschäfts­mo­delle. Um ein paar Beispiele zu nennen: Der notwen­dige Kampf gegen den Klima­wan­del hat in der Ener­gie­wirt­schaft und Auto­mo­bil­in­dus­trie (inkl. Liefer­kette) zu einem nie dage­we­se­nen Verän­de­rungs­druck geführt — und wird dies noch in vielen ande­ren Bran­chen tun. Liefer­ket­ten werden unter­bro­chen, nicht zuletzt aufgrund von Stark­wet­ter­er­eig­nis­sen, Wasser­man­gel oder sozia­len Miss­stän­den, und Rohstoff­preise schnel­len in die Höhe, weil wir unsere begrenz­ten Ressour­cen nicht effi­zi­ent nutzen und die Nach­frage gleich­zei­tig stetig steigt.

Aus ökono­mi­schem Eigen­in­ter­esse sollte akti­ves ESG-Manage­ment daher einen noch größe­ren Stel­len­wert bekom­men – im Rahmen der Due Dili­gence und im Active Owner­ship. Aber auch vor dem Hinter­grund einer sich verschär­fen­den Regu­lie­rung, zuneh­men­der ESG-Anfor­de­run­gen von Inves­to­ren und einer stei­gen­den Erwar­tungs­hal­tung von Kunden und ande­ren rele­van­ten Anspruchsgruppen.

2. Die EU ist mit ihren Anfor­de­run­gen sehr forsch unter­wegs. Wie kann man die Unter­neh­men in der Umset­zung unter­stüt­zen bzw. beschleunigen?

Aufgrund der globa­len Nach­hal­tig­keits­pro­bleme kommt es derzeit zu einer massi­ven Regu­lie­rungs­welle, um Geschäfts­mo­delle nach­hal­ti­ger zu machen und Finanz­ströme in nach­hal­ti­gere Unter­neh­men und Projekte zu lenken. Die Breite und Tiefe der neuen Anfor­de­run­gen sind selbst für Exper­ten unüber­sicht­lich und wirken auf die meis­ten Markt­teil­neh­mer belas­tend – auch aufgrund der Unsi­cher­heit, was auf einen zukommt und wie dies im Alltag umge­setzt werden soll. Aber unab­hän­gig davon, wie man zu diesen neuen Regeln steht: Es ist elemen­tar wich­tig, sich aktiv damit ausein­an­der­zu­set­zen und sich darauf einzu­stel­len. Denn ESG ist kein vorüber­ge­hen­des Phäno­men, sondern wird in den nächs­ten Jahr­zehn­ten zu einem zentra­len Faktor aller unter­neh­me­ri­schen Akti­vi­tä­ten und Inves­ti­tio­nen werden.

Port­fo­lio­un­ter­neh­men soll­ten auf diesem Weg nicht allein gelas­sen, sondern müssen aktiv beglei­tet werden. Zudem ist effek­ti­ves ESG-Manage­ment nur möglich, wenn das Manage­ment von dessen Nutzen und Notwen­dig­keit über­zeugt ist. Im Rahmen einer ESG Due Dili­gence erfolgt eine Bestands­auf­nahme von dem, was Ziel­un­ter­neh­men bislang machen bzw. nicht machen, und von Risi­ken und Markt­po­ten­zia­len, die bislang nicht hinrei­chend gema­nagt werden. Hier­bei gibt es kein stan­dar­di­sier­tes Verfah­ren – unter ande­rem deshalb, weil ESG-Themen und ‑Heraus­for­de­run­gen sehr stark von der Bran­che, dem Stand­ort, der Größe des Unter­neh­mens und der Art der Liefer­kette abhän­gig sind. Es gilt daher, bewusst auf die indi­vi­du­el­len Rahmen­be­din­gun­gen des einzel­nen Unter­neh­mens einzu­ge­hen – neben Stan­dard­the­men wie zum Beispiel Umwelt- und Klima­ma­nage­ment, Perso­nal und unter­neh­me­ri­sche Integrität.

Auf dieser Basis zeigt sich dann bereits häufig, was die wesent­li­chen ESG-Themen für ein Unter­neh­men sind. Gerade bei mittel­stän­di­schen Unter­neh­men geht es im ersten Schritt also nicht darum, sich selbst zu über­for­dern und alle Facet­ten der Nach­hal­tig­keit zur glei­chen Zeit anzu­ge­hen. Viel­mehr sollen die drei bis fünf mate­ri­ells­ten ESG-Themen, denen sich das Unter­neh­men widmen sollte, um lang­fris­tig erfolg­reich zu blei­ben, iden­ti­fi­ziert werden. Das ist auch ein Beitrag dazu, das abstrakte ESG-Konzept greif­bar und umsetz­bar zu machen – ein wich­ti­ger Schritt, um das Thema ESG zu entmys­ti­fi­zie­ren und in konkrete Hand­lungs­fel­der zu über­set­zen. Auf dieser Basis können dann eine Road­map und Zeit­pläne zur Umset­zung fest­ge­legt werden.

3. Sie waren 20 Jahre bei einer deut­schen Rating­agen­tur für Nach­hal­tig­keit und haben viel Erfah­rung, vor allem mit gelis­te­ten Unter­neh­men. Was ist mach­bar für Unter­neh­men, insbe­son­dere den Mittel­stand? Wie ist der Status Quo?

Die großen börsen­no­tier­ten Unter­neh­men stehen heute unter einem gewal­ti­gen Druck, alle wich­ti­gen Nach­hal­tig­keits­the­men aktiv zu mana­gen und in großer Trans­pa­renz darüber zu berich­ten. Tun sie dies nicht, sind sie für einen substan­zi­el­len Anteil der Inves­to­ren zuneh­mend unin­ter­es­sant. Zudem ist abseh­bar, dass sich auch Refi­nan­zie­rungs­kon­di­tio­nen für aus ESG-Sicht schlecht gema­nagte Unter­neh­men verschlech­tern werden – ein klarer Wettbewerbsnachteil.

Der Private-Equity-Markt und mittel­stän­di­sche Unter­neh­men stehen noch nicht so stark im Fokus. Gerade für mittel­stän­di­sche Unter­neh­men ist es daher wich­tig, die knap­pen Ressour­cen einzu­set­zen, um sich vorran­gig um die für den eige­nen wirt­schaft­li­chen Erfolg wesent­li­chen ESG-Themen zu kümmern. Wich­tig aber ist, ESG als stra­te­gi­sches Thema anzu­er­ken­nen und sich über­haupt aktiv auf den ESG-Pfad zu bege­ben, um auf zukünf­tige Regu­lie­rung und Inves­to­ren- und Kunden­er­war­tun­gen vorbe­rei­tet zu sein. Dies ist häufig noch nicht der Fall. Da die Verän­de­rungs­dy­na­mik zunimmt und neue ESG-Vorga­ben in immer kürze­ren Zeit­ab­stän­den zu erwar­ten sind, wäre es aber fahr­läs­sig, sich den bereits anti­zi­pier­ba­ren Anfor­de­run­gen nicht zeit­nah zu widmen.

Vieles von dem, was für mittel­stän­di­sche Unter­neh­men derzeit wich­tig ist, ist mach­bar und gut umzu­set­zen – bei Bedarf mithilfe exter­ner Bera­ter. Dazu können beispiels­weise die Formu­lie­rung einer Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie, die Analyse von Nach­hal­tig­keits­an­for­de­run­gen der Kunden sowie die Messung des eige­nen CO2-Fußab­drucks gehö­ren. Auch eine Basis-Trans­pa­renz zum eige­nen ESG-Manage­ment und bestimm­ten ESG-KPIs ist wich­tig – unter ande­rem, weil Private-Equity-Gesell­schaf­ten diese Infor­ma­tio­nen zuneh­mend gegen­über ihren Inves­to­ren offen­le­gen müssen.

 

Über Matthias Bönning

Matthias Bönning betreut als Geschäfts­füh­rer der fors.earth capi­tal GmbH insbe­son­dere Kunden aus dem Private Equity- und dem Finanz­markt bei der Umset­zung von Nach­hal­tig­keits­stra­te­gien. Er hat mehr als 20 Jahre Erfah­rung im Bereich Sustainable Finance und in der Nach­hal­tig­keits­be­wer­tung von Unter­neh­men: als Head of Rese­arch und Vorstand in der oekom rese­arch AG sowie als Mana­ging Direc­tor und Global Head of ESG Ratings bei Insti­tu­tio­nal Share­hol­der Services Inc.

matthias.boenning@fors.earth

 

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