Heiß umkämpfte Robotik
ARQIS Rechtsanwälte in München
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15. November 2023
1. Um Robotik-Firmen wird mit harten Bandagen gekämpft. Das dürfte spätestens seit dem Verkauf von KUKA an chinesische Investoren bekannt sein, wonach sich die Bundesregierung via Gesetz ein Veto für Verkäufe von Kerntechnologien ins Ausland einräumte. Sie sprachen von pikanten Verhandlungssituationen, die Sie als Agile miterlebt haben. Wie hat sich das bei Franka Emika gestaltet?
Wir wurden in den letzten 12 Monaten von den Gründern von Franka Emika genauso wie von anderen Stakeholdern mindestens 4 mal gebeten, bei Franka Emika einzusteigen und eine Insolvenz abzuwenden. Aber entweder waren die Preisvorstellungen der Gründer noch astronomisch hoch oder aber die Gründer konnten nicht loslassen und nahmen am Ende zu Lasten aller Gesellschafter und des Freistaats lieber die Insolvenz in Kauf. Da Agile und Franka beide ihre Wurzeln im DLR in Oberpfaffenhofen haben, lag es für Peter Meusel und Dr. Zhaopeng Chen, die gemeinsam 2018 Agile Robots mit meiner Hilfe gründeten, eine Rettung von Franka zu versuchen, um so den Robotik-Standort München im internationalen Wettbewerb zu stärken.
Dass sich der Wettstreit um die Rettung allerdings zu einer solchen Schlammschlacht mit Fake News und wiederholten schweren Verletzungen der Vertraulichkeit im Gläubigerausschuss entwickeln würde, konnte sich weder der Insolvenzverwalter Dr. Matthias Hofmann noch ich nach 40 Jahren M&A vorstellen. Während die Gebrüder Schöller, die gemeinsam mit dem Franka Gesellschafter TQ Systems und mit aktiver Unterstützung der Haddadin Brüder, die ja die Insolvenz verursacht hatten, noch in der Nacht vor der entscheidenden Gläubigerversammlung einen deutlich höheren Preis als die beiden strategischen Mitbieter geboten hatten, erteilte der Gläubigerausschuss am Ende Agile den Zuschlag. Offenbar, weil Agile Robots die Übernahme aller 100 Mitarbeiter garantierte, ebenso wie den Fortbestand der Produktion in Bayern – und nicht nur eine Verwertung der über 700 Patente und Designrechte.
Da Agile Robots mit der japanischen Softbank Gruppe neben drei international aktiven VC Fonds inklusive Sequoia, die im wesentlichen Gelder aus den USA verwalten, einen Großinvestor mit mehr als 25% Beteiligung von außerhalb der EU hat, unterliegen alle Akquisitionen von Agile Robots der Kontrolle durch das BMWK. Da Agile dieses Jahr bereits die BÄR Automation GmbH aus Baden Württemberg im Rahmen einer Unternehmensnachfolge und die IdealWorks GmbH aus München im Rahmen eines Joint Ventures mit der BMW AG erworben hat, wurden mehrere Verfahren zur Erlangung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen seitens des BMWK erfolgreich durchlaufen.
2. Es heißt, dass auch Chinesen an Agile Robots beteiligt sind. Wie kam es dazu?
Die 2018 in München gegründete Agile Robots AG hat früher als andere deutsche Robotik-Unternehmen erkannt, daß der chinesische Markt für Robotik der größte weltweit ist und der Marktzugang dort leichter möglich ist als in Europa. Deshalb hat die deutsche Agile Robots AG die in Deutschland entwickelten Roboterarme nebst ihrem Agile Core in Peking für den chinesischen Markt angepaßt und dort sehr erfolgreich verkauft. So konnte Agile bereits im 5. Geschäftsjahr einen weltweiten Umsatz von rund EUR 50 Mio. erwirtschaften. Dem BMWK war bekannt, daß weder der Chinesische Staat noch in großem Umfang chinesische Investoren an Agile beteiligt sind — nur 8% aller Investoren haben ihren Sitz in China.
So kann Agile heute nicht nur deutsche Vorzeigeunternehmen wie EDSCHA, Continental und Volkswagen in China zu ihren Kunden zählen, sondern u.a. auch die taiwanesische FoxConn Gruppe aus dem Bereich der Herstellung von Handys und anderen elektronischen Geräten. Diese frühen Markterfolge in China haben der deutschen Agile Robots AG viel Interesse von Investoren aus aller Welt beschert. Dabei hat dem Hauptgründer Dr. Zhaopeng Chen, der seit 2007 mit seiner Familie am Starnberger See lebt, seine Fähigkeit sich sowohl auf dem europäischen als auch auf dem chinesischen Parkett zurechtzufinden, sehr geholfen. Jetzt expandiert Agile nach Indien und bald in die USA.
3. Wie schätzen Sie die Trends auf dem Sektor der Robotik ein? Können Sie uns einen Ausblick geben?
Das Thema Robotik ist seit Jahrzehnten mit den jedermann bekannten großen Robotern von KUKA, ABB und FANUC nicht aus der Automobilproduktion wegzudenken. Inzwischen kommen kleinere, agile Roboter zum Einsatz, die mit Menschen in der Produktion Hand in Hand zusammenarbeiten, wie die von Agile und Franka. So können diffizile Schritte in der Produktion, Logistik oder auch im Krankenhaus als helfende dritte Hand für den Arzt erledigt werden. Ohne Roboter werden wir nach meiner Einschätzung den Fachkräftemangel in Europa in der Industrie wie auch in der Pflege nicht in den Griff bekommen. Um diese Vision umzusetzen, bedarf es vieler hochmotivierter Mitarbeiter. Deshalb hat Agile Robots von Anfang an auf eine sehr breite Mitarbeiterbeteiligung geachtet. Gute Leute sind ein Asset!
*) BMWK = Bundes-Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz