Industry 4.0 relevant für Private Equity?
Das Thema ist in der Tat en-vogue und erhält viel Coverage in den Medien. Mein Eindruck ist auch, dass es in der Politik angekommen ist, wo es Ängste schürt. Es gibt unterschiedlich Bezeichnungen, die gebräuchlichsten sind „Internet of Things“ (IoT), „Industry 4.0“ oder auch „Digitale Transformation“. Letzteres wird oft im Zusammenhang mit Mittelständlern verwendet.
Die beste Definition kommt meiner Ansicht nach von Prof. Kagermann (AcaTech): I4.0 ist die Vernetzung von Maschinen und Lagersystemen über globale Cyber Physical Systems, wobei ein Bauteil seinen Produktionsweg selbst steuert. Das Ziel ist das Herstellen von individualisierten Produkten der Losgrösse eins.
Das Thema Vernetzung von Produktionsmitteln ist nicht neu. Das gab es schon zu meinen Studienzeiten und wurde unter der Bezeichnung CIM = Computer Integrated Manufacturing thematisiert. Die Zeit war damals noch nicht reif und die Technologie ist wieder in der Versenkung verschwunden. I4.0 ist aber ein nicht aufzuhaltender Megatrend, der alle Industriesegmente und Unternehmen tangiert.
Im Gegensatz zu CIM ist bei I4.0 Technologie nur ein Baustein. Viel wesentlicher ist der Kundenfokus, die sich daraus ergibt. Da jetzt Daten in Echtzeit zur Verfügung stehen, wird es möglich sogenannte „Smart Services“ rund um die Produkte zu kreieren und die Wertschöpfungskette zu erweitern. Überhaupt verschwimmen die Grenzen zwischen Produkten und Dienstleistungen, das eröffnet gerade für Mittelständler enormes Potential, ist aber auch mit Risiken verbunden.
PEs haben im Allgemeinen 5 Jahre Zeit um eine Portfolio- Firma für den Verkauf „fit“ zu machen. Das Wertsteigerungsinstrumentarium der PEs umfasst drei Dimensionen (1) Multiple Arbitrage, (2) Wachstum und damit verbunden Steigerung der Profitabilität und (3) Abbau von Fremdkapital. Der erste Punkt ist im klassischen PE eher spekulativ, die Betonung liegt auf den Wertsteigerungshebeln (2) und (3).
I4.0 versetzt nun das Portfolio- Unternehmen in die Lage, dem Kunden eine Lösung zu verkaufen und nicht nur ein Produkt. Gelingt es, das Geschäftsmodell einer mittelständischen Portfolio- Unternehmung um Smart Services zu erweitern, kann das auf alle Wertsteigerungshebel einen positiven Einfluss haben.
Mittelständler haben meiner Ansicht nach eine gute Position I4.0 umzusetzen, weil sie – im Gegensatz zu Corporates – flexibel agieren können. I4.0 gehört auf die Agenda eines Finanzinvestors genau wie Prozess- oder Kostenoptimierung. Schon vor dem Investment sollte ein PE, überlegen, wie er mit diesem Aspekt umgeht. Das sollte im Investment Memorandum und im 100 Tages- Plan mit konkreten Implementierungsschritten niedergelegt sein.
Die Chancen wurden oben beschrieben, Risiken sehe ich im Wesentlichen im Mindset des Managements. Oft sind Portfoliofirmen Produkt-Unternehmen, das heißt, das Kreieren von Smart Services ist Neuland für den Mittelständler. Hier wird zusätzliches Personal benötigt, unter Umständen sogar eine neue Aufstellung der Organisation. Es kommt hinzu, dass viele der klassischen Mittelständler eigentlich „analoge“ Unternehmungen sind, die bezüglich IT- Einsatz Nachholbedarf haben, ganz zu schweigen von der Umsetzung eine I4.0- Agenda.
Hier liegt meiner Ansicht nach das Hauptrisiko: der Verlust der Kundenbindung. Sie können das im Bankenbereich durch den Aufstieg von kleinen Dienstleistern, den FinTechs, sehen. Extrem flexibel agierende Dienstleister können den Mittelständler von der Pole-Position am Kunden verdrängen. In der Konsequenz werden seine Produkte und am Ende er selbst „Commodity“. Darüber hinaus ergeben sich zwangsläufig Risiken durch die Öffnung von Unternehmensnetzwerken. Hier wird eine sinnvolle IT – Security Strategie beim Portfolio-Unternehmen benötigt.
Über Marko Maschek
Vor Gründung der PINOVA war Marko Maschek zehn Jahre bei 3i in Deutschland und in den USA, zuletzt als Partner im Bostoner Büro, tätig. Er war dort für Small Cap Investments in den Bereichen Umwelttechnologie, Halbleiter und neue Materialien verantwortlich. In seiner Zeit bei 3i tätigte Marko Maschek 19 Investments, war in zahlreichen Aufsichtsgremien tätig, verkaufte mehrere Unternehmen erfolgreich an strategische Investoren und führte 4 Beteiligungen an die Börse.
Nach einer Offiziersausbildung arbeitete Marko Maschek lange Jahre in der Industrie, bei Cambridge Consultants und Robert Bosch. Bei Bosch entwickelte er mehrere technische Neuerungen, die später weltweit patentiert wurden. Marko Mascheks Familienhintergrund ist unternehmerischer Natur. Er studierte Elektrotechnik an der TH Karlsruhe (Dipl. Ing.) und Informatik an der INSA Lyon. Darüber hinaus absolvierte er ein MBA-Studium an der Universität von Cambridge.
PINOVA Capital
GmbH ist eine unabhängige Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in München mit Fokus auf Eigenkapitalfinanzierungen von stark wachsenden, innovativen mittelständischen Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Alle PINOVA Partner haben einen mittelständischen Unternehmer-Hintergrund und kennen die Chancen und Risiken von mittelständischen Unternehmen aus eigener, langjähriger Erfahrung.