Interkulturelle Verhandlungskunst bei deutsch-italienischen Transaktionen
Es kommt stark auf das “Wie” der Anbahnung der Gespräche zwischen den Parteien an, da hier häufig die Weichen des gegenseitigen Umgangs während der Verhandlungen gestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt werden vor allem die Flexibilität der jeweiligen Gesprächspartner und ihre Verhandlungsstärke getestet, die unmittelbare Auswirkungen auf die zu verhandelnden Konditionen des Anteilskaufs haben. Ohne gegenseitiges Verständnis und Respekt für die jeweils andere Kultur und die unterschiedlichen Lösungsansätze bei Konflikten, ist ein Scheitern der Verhandlungen schnell vorprogrammiert.
TIP‑1: Erst einmal mit oberflächlichen Themen aufeinander einstimmen, um sich kennenzulernen und ein Gefühl über die Persönlichkeit des Gegenübers zu bekommen. In Italien ist dies ebenfalls Teil des guten Umgangs und ein Zeichen von Respekt.
TIP‑2: Augenhöhe schaffen über Inhalte und einen strukturierten Plan wenn man in die Verhandlungen einsteigt. Wichtig ist hier, klare Ziele und eine strikte Zeitvorgabe zu haben und diese gut strukturiert und sachlich zu verfolgen.
TIP‑3: Wenn es zu Konflikten kommt, ist Deeskalation das oberste Gebot. Ein weiterer Druckaufbau und das Ausspielen von Macht, wie in der herkömmlichen M&A Beratung immer noch verbreitet, bewirkt bei Italienern schnell das Gegenteil. Keinesfalls sollte der Gesprächspartner „von oben herab“ abgekanzelt werden Für die Durchsetzung der eigenen Position auf respektvolle Weise, benötigt es eine profunde Kenntnis beider Kulturen und das notwendige Fingerspitzengefühl.
Das trotz der politischen Wechsel und der Covid-19 Pandemie weiterhin bestehende rege Cross-Border Geschäft sowie immer bessere Englischkenntnisse täuschen über die teilweise sehr unterschiedlichen formellen und rechtlichen Anforderungen hinweg. Hier gilt es, sich Unterschiede im Rahmen der vertraglichen Gestaltung zur Stärkung der eigenen Position bewusst zunutze zu machen.
Beispielsweise können in Italien GmbH-Anteile ohne notarielle Beurkundung im Innenverhältnis zwischen den Parteien wirksam verkauft werden. Dies führt unter anderem zu unterschiedlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Anteilskaufvertrages, der Anlagen sowie des Timings für Signing und Closing. Auch die rechtliche Ausgestaltung von Geschäftsführer-Anstellungsverträgen, insbesondere im Rahmen von immer beliebteren Earn-Out-Klauseln im Anteilskaufvertrag, funktioniert in beiden Ländern ganz unterschiedlich. Ähnliches gilt im Rahmen der Anforderungen an die Beweislast bei Schadensersatzansprüchen sowie Wettbewerbsverboten.
Schwächen und Stärken in den jeweiligen Rechtsordnungen zu kennen und meinen Mandanten zu erklären, um diese sodann bei der Vertragsgestaltung bewusst zu nutzen, stellt einen wesentlichen Teil meiner inhaltlichen Arbeit dar.
Ähnliches gilt auch für die kulturelle und sprachliche Komponente meiner Arbeit. Diese geht weit über eine reine Übersetzung oder Verständigung hinaus. Dazu muss einem bewusst sein, dass es eine große Differenz bei der Kommunikationsweise in beiden Ländern gibt. Die sehr direkte Art der Deutschen wird von ihnen selbst, da geradlinig, effizient und offen, als positiv wahrgenommen und damit oft ganz bewusst eingesetzt. Italiener kommunizieren hingegen völlig anders, nämlich auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Das, was gesagt wird und das, was hiermit tatsächlich gemeint ist, kann stark variieren. Dies führt schnell zu Missverständnissen. Auch wirkt eine zu direkte Kommunikation auf Italiener oftmals unhöflich, arrogant und plump. Dies kann Machtgefüge schnell verändern.
Zusätzlich zu einer hoch spezialisierten und rechtlich fundierten Beratung sensibilisiere ich meine Mandanten dafür, sich den unterschiedlichen Wirkungen ihrer Kommunikation bewusst zu werden um diese sodann ganz gezielt im Rahmen von Vertragsverhandlungen zur Stärkung der eigenen Position zu nutzen. Letztlich geht es in Konfliktsituationen um den bewussten Umgang mit rechtlichen und kulturellen Unterschieden sowie unterschiedlichen Interessen. Der beste Umgang mit Differenz ist der gegenseitige Respekt und eine Gesprächskultur, die dies aufgreift.
Über Sandra Bendler-Pepy
Nach ihrer 10-jährigen Tätigkeit in renommierten internationalen Wirtschaftskanzleien in Mailand und München sowie einer Zwischenstation als Partnerin in einer Münchner Transaktionskanzlei wechselte sie im Jahr 2018 zu SLB LAW. Im Juli 2019 wurde sie jüngste Partnerin der Kanzlei und ist seit Juni 2022 in der Geschäftsführung. Neben der allgemeinen rechtlichen Beratung und Vertragsgestaltung liegt ihr Schwerpunkt weiterhin im Bereich M&A. Sie begleitet nationale und internationale Transaktionen und leitet darüber hinaus das stetig wachsende Italian Desk der Kanzlei.