Intransparenz bei Unternehmentransaktionen
SBCF & Cie.
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15. Oktober 2014
1. Welche Unsicherheiten bestehen seitens des Verkäufers?
Verkaufsprozesse haben vornehmlich die Aufgabe eine Transaktion zu ermöglichen, indem sie Unsicherheiten ausreichend verringern. Solche Prozesse belasten mittelständische Unternehmer zeitlich und finanziell erheblich, zumal ein signifikanter Anteil an „starren“ Kosten anfällt, die unabhängig von der Transaktionsgröße entstehen. Es besteht ein Dilemma: Einerseits sind Informationsdefizite bei mittelständischen Verkaufsobjekten besonders virulent und Vermarktungsanstrengungen daher umso wichtiger. Andererseits ist aber auch der Wert mittelständischer Unternehmen geringer als der von Großunternehmen, weshalb Vermarktungsanstrengungen sowie Prozesskosten in Relation zum Transaktionswert deutlich höher ausfallen. Für den Verkäufer bestehen Unsicherheiten vor allem bezüglich des Verhaltens potentieller Käufer. Haben sie echtes Interesse oder wollen sie lediglich Informationen (über einen Konkurrenten) einholen? Qualitätsunsicherheiten bestehen, da der Verkäufer nicht weiß, ob der Erwerber finanziell und kulturell in der Lage ist, sein Unternehmen zu erwerben und zu integrieren. Hier stellt sich auch die Frage, ob sich ausreichende Synergien realisieren lassen, damit beide Seiten von der Transaktion profitieren.
2. Welche Unsicherheiten bestehen seitens des Kaufinteressenten?
Für Kaufinteressenten ist unklar, welche Qualität das Verkaufsobjekt aufweist. Typische Unsicherheiten betreffen die Abhängigkeit vom Altinhaber, das Know-how und die Motivation der Belegschaft sowie letztlich die künftigen Cashflows. Zudem empfinden Kaufinteressenten Unsicherheit darüber, ob sich der Verkäufer über die Dauer des Verkaufsprozesses als fair und verlässlich erweist. Will dieser sein Unternehmen tatsächlich veräußern? Beabsichtigt er wertmindernde Tatsachen zurückzuhalten? Will er versteckt mit anderen Kaufinteressenten verhandeln?
3. Welche methodischen Lösungen bestehen im Rahmen einer interessengerechten Prozessgestaltung?
Für die Beurteilung eines Transaktionserfolges sind sowohl die monetären als auch die nicht monetären Ergebnisse der Verhandlungen ausschlaggebend. Wesentliche Voraussetzung für eine maximale Interessensbefriedigung hinsichtlich der Transaktionsergebnisse ist eine optimal darauf ausgerichtete Prozessgestaltung. Nur ein sich konsequent an den tatsächlichen Interessen orientierender Prozess kann ein zufriedenstellendes Ergebnis sichern: Käufer können sich frühzeitig ein klares Bild über das Kaufobjekt machen und die für eine Kaufentscheidung notwendigen Informationen beschaffen.
Für Verkäufer ist eine strukturierte Prozessgestaltung unter anderem wichtig, um potenzielle Investoren nicht zu verlieren, aber auch um ihre Verhandlungsmacht nicht frühzeitig zu schwächen (z.B. serielle Verhandlungsführung statt kontrollierte Bieterwettbewerb). Letzteres spiegelt sich grundsätzlich im Verhandlungsergebnis wider und zeigt sich bis hin zur Phase der Überleitung des Unternehmens an den Investor nach erfolgreichem Closing.
Eine professionelle, strukturierte Prozessgestaltung erfordert hohe Kompetenz und Erfahrung und ist sowohl für Käufer als auch Verkäufer mit erheblichem Ressourceneinsatz (personell, zeitlich und finanziell) verbunden. Auch wenn immer mehr mittelständische Unternehmen M&A‑Erfahrungen aufweisen, stellt insbesondere die konsequente Ausrichtung des Prozesses an den tatsächlichen eigenen Interessen Unternehmen für große Herausforderungen. Ein interessenorientiertes Prozessmanagement erfordert die Analyse der eigenen Interessen, ohne sich an eigenen und fremden Positionen festzufahren. Ein erfolgreicher Prozess bezieht systematisch die Interessen beider Transaktionspartner ein. Durch den Einsatz externer und spezialisierter Dienstleister und Berater auf beiden Seiten kann verhindert werden, dass beide Transaktionspartner zu schnell von einem strukturierten Prozess abweichen, frühzeitig starre Positionen einnehmen und sich in Scheinkonflikten verstricken.