Mittelstandsanleihen boomen — für wen sind sie geeignet
Die Börse Stuttgart startete das Handelssegment BondM im Mai 2010 mit dem Ziel, kleineren Unternehmen auf dem Wege der Eigenemission von Anleihen einen Zugang zum Kapitalmarkt und damit zu alternativen Kreditgebern zu ermöglichen. Dieser Weg war zuvor nur großen Mittelständlern und Konzernen vorbehalten.
Erstmals konnten neben institutionellen Investoren auch Vermögensverwalter, Family Offices und erfahrene Anleger über die hierfür geschaffene Zeichnungsbox Anleihen zum Emissionspreis und damit zur Emissionsrendite zeichnen. Mit dieser Initiative war die Börse Stuttgart Vorreiter einer Idee, die von weiteren deutschen Börsen inzwischen vielfach aufgegriffen wurde. Mittlerweile wurden über 100 Anleihen mit einem Gesamtnominal von knapp 4 Milliarden Euro emittiert und an den Mittelstandssegmenten der deutschen Börsen gelistet.
Ein einheitliches Emittentenprofil gibt es nicht. Dazu ist der deutsche Mittelstand viel zu heterogen. Die Liste der Emittenten umfasst neben klassischen industriellen Mittelständlern unterschiedlichster Branchen auch Agrarunternehmen, Handelsunternehmen, Markenartikler oder Immobiliengesellschaften.
Die Mittelstandsanleihe stellt eine alternative Finanzierungsmöglichkeit für die langfristige Fremdkapitalbeschaffung dar. Diese wird auch in Zukunft von mittelständischen Unternehmen genutzt werden. Dabei ist sie kein Ersatz und auch keine Ablösung für Eigenkapital. Die Mittelstandsanleihe wird sich auch nur dann erfolgreich weiterentwickeln, wenn es grundsätzlich den Regeln folgt, die für andere Fremdkapitallösungen gelten. Aus der Mittelstandsanleihe das neue Mezzanine zu machen, wäre das Ende einer guten Idee.
Mittelstandsanleihen sind sicher nicht für alle Investoren geeignet. Anleger sollten sehr sorgfältig prüfen, welches Risiko sie eingehen wollen. Meist werden Mittelstandsanleihen auch nur als Depotbeimischung genutzt. Inzwischen gibt es zudem aktiv gemanagte und risikodiversifizierte Fonds zu Mittelstandsanleihen im Markt.
Um sensibel mit Risiken umzugehen, sind das Sammeln von Informationen und eine gute Markt- und Produktkenntnis unverzichtbar. Anleger können die ausführlichen Informationsangebote der Börsen mit Detailseiten zu den Wertpapieren nutzen und tun dies auch fleißig. Einsehbar sind auch Ratingzertifikate und Ratingsummaries, oft allerdings tatsächlich nur für Emittentenratings. Die Regelwerke der Börsen schreiben Anleiheratings derzeit noch nicht verpflichtend vor, mit Ausnahme besicherter Anleihen. Es wäre begrüßenswert, wenn zukünftig mehr Anleiheratings gezeigt würden. Emittenten scheuen allerdings in der Regel die Zusatzkosten.