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3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Philipp von Braunschweig

Trends im W&I‑Versicherungsmarkt – Auswirkungen auf die M&A‑Praxis

Dazu 3 Fragen an Philipp von Braunschweig

POELLATH, München
Foto: Phil­ipp von Braunschweig
8. Februar 2022

Gewährleistungs- und Frei­stel­lungs­ver­si­che­run­gen (Warranty and Indem­nity Insu­ran­ces) sind seit vielen Jahren fester Bestand­teil der M&A‑Transaktionspraxis. Im wirt­schaft­li­chen Ergeb­nis tritt die Haftung der Versi­che­rung an die Stelle der eige­nen Haftung der Verkäufer. Doch ist aus Käufersicht der vollständige Ausschluss der Eigen­haf­tung des Verkäufers nicht unproblematisch.


Dazu 3 Fragen an Phil­ipp von Braun­schweig, Rechts­an­walt und Part­ner bei POELLATH, München

1. Welche Partei schließt denn eine W&I‑Versicherung bei einer Trans­ak­tion ab?
Übli­cher­weise wird eine W&I‑Versicherungen vom Käufer abge­schlos­sen, das heisst, der Versi­che­rer verpflich­tet sich gegenüber dem Käufer, für die Garan­tien und Frei­stel­lun­gen des Verkäufers aus dem Unter­neh­mens­kauf­ver­trag (Sale and Puch­ase Agree­ment, SPA) einzu­ste­hen. Bei Bieter­ver­fah­ren wird die W&I‑Versicherungslösung in aller Regel bereits vom Verkäufer vorbe­rei­tet. Ziel ist der Ausschluss der Eigen­haf­tung des Verkäufers.
2. Wo liegen denn hier haupt­säch­lich die Probleme?
Aus Käufersicht ist der vollständige Ausschluss der Eigen­haf­tung des Verkäufers nicht unpro­ble­ma­tisch, denn der Wegfall des Haftungs­ri­si­kos mag sich bei manchem Verkäufer nach­tei­lig auf die Sorg­falt bei der Abgabe der Garan­tien und Zusam­men­stel­lung der Vertrags­an­la­gen auswir­ken. Immer­hin hat die Versicherungslösung für den Käufer den Vorteil, dass er einen (im Regel­fall) solven­ten Schuld­ner für seine Garan­tie- und Freistellungsansprüche hat und strei­tige Verhand­lun­gen über Kauf­preis­ein­be­halte, Bürgschaften und Escrows im Regel­fall überflüssig werden. Im aktu­el­len Markt­um­feld, das nach wie vor als „Verkäufermarkt“ beschrie­ben werden kann, ist es jeden­falls in Bieter­ver­fah­ren zum Stan­dard gewor­den, dass die Verkäufer von vorn­her­ein auf einer vollständigen Absi­che­rung der Trans­ak­tion durch eine W&I- Versi­che­rung unter Ausschluss der Eigen­haf­tung bestehen.
3. Und wo geht die Entwick­lung hin ange­sichts des aktu­el­len Verkäufermarktes?
Gerade in jüngster Zeit lässt sich beob­ach­ten, dass Verkäufer teil­weise enge Scha­dens­be­griffe und sehr kurze Verjährungsfristen vorge­ben, da die W&I- Versi­che­rer mitt­ler­weile in der Lage sind, auch hierfür Policy Enhance­ments anzu­bie­ten. Hier­bei ist der Versi­che­rer bereit, Gewährleistungen auch über die im SPA vorge­se­he­nen Fris­ten hinaus (bis zum Ablauf einer längeren, in der Versi­che­rungs­po­lice verein­bar­ten, Frist) abzu­de­cken und auch für im SPA ausge­schlos­sene Folgeschäden und entgan­ge­nen Gewinn aufzu­kom­men. Diese Enhance­ments sind aller­dings meist mit nicht uner­heb­li­chen Prämienzuschlägen verbun­den, sodass die Sinn­haf­tig­keit einer Verkürzung von Verjährungsfristen und Einengung des Scha­dens­be­griffs im SPA im Einzel­fall von den Parteien abge­wo­gen werden müssen. Zusam­men­fas­send lässt sich fest­hal­ten, dass W&I‑Versicherungen im aktu­el­len Markt­um­feld mehr denn je eine preisgünstige, hoch­stan­dar­di­sierte und schnelle Lösung sein können, die die früher üblichen anwalt­li­chen Verhand­lungs-Schlach­ten zu Garan­tien und Haftun­gen stark verkürzen, die Risi­ken des Verkäufers mini­mie­ren und gleich­zei­tig Bürgschaften und Sicher- heits­ein­be­halte überflüssig machen, da der Käufer mit dem W&I‑Versicherer einen (im Regel­fall) finanzkräftigen Schuld­ner hat. Der starke Wett­be­werb unter den W&I‑Anbietern hat darüber hinaus zu krea­ti­ven Lösungen auch für die vielen noch verblie­be­nen Problem­kreise geführt. Über Phil­ipp von Braun­schweig Part­ner bei Poellath (www.pplaw.com) und seit über 25 Jahren auf Buy-out-Trans­ak­tio­nen für Private Equity-Fonds, Unter­neh­mer und Betei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten spezia­li­siert. Im aktu­el­len JUVE-Hand­buch ist er zum zwei­ten Mal in Folge unter­den 28 „führenden Bera­tern“ für Private Equity- Trans­ak­tio­nen in Deutsch­land aufgeführt. Neben seiner anwalt­li­chen Tätigkeit ist er Praxis­do­zent und Vorsit­zen­der des Execu­tive Board des Master-Studi­en­gangs Wirt­schafts­recht an der Universität Münster.  Den ausführ­li­cher Autoren­bei­trag von Phil­ipp von Braun­schweig im neuen FYB 2022 kann Ihnen noch viele weitere Fragen beant­wor­ten https://www.fyb.de/shop/ .  

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