Trends im W&I‑Versicherungsmarkt – Auswirkungen auf die M&A‑Praxis
POELLATH, München
Weitere Interviews
8. Februar 2022
1. Welche Partei schließt denn eine W&I‑Versicherung bei einer Transaktion ab?
Üblicherweise wird eine W&I‑Versicherungen vom Käufer abgeschlossen, das heisst, der Versicherer verpflichtet sich gegenüber dem Käufer, für die Garantien und Freistellungen des Verkäufers aus dem Unternehmenskaufvertrag (Sale and Puchase Agreement, SPA) einzustehen. Bei Bieterverfahren wird die W&I‑Versicherungslösung in aller Regel bereits vom Verkäufer vorbereitet. Ziel ist der Ausschluss der Eigenhaftung des Verkäufers.
2. Wo liegen denn hier hauptsächlich die Probleme?
Aus Käufersicht ist der vollständige Ausschluss der Eigenhaftung des Verkäufers nicht unproblematisch, denn der Wegfall des Haftungsrisikos mag sich bei manchem Verkäufer nachteilig auf die Sorgfalt bei der Abgabe der Garantien und Zusammenstellung der Vertragsanlagen auswirken. Immerhin hat die Versicherungslösung für den Käufer den Vorteil, dass er einen (im Regelfall) solventen Schuldner für seine Garantie- und Freistellungsansprüche hat und streitige Verhandlungen über Kaufpreiseinbehalte, Bürgschaften und Escrows im Regelfall überflüssig werden. Im aktuellen Marktumfeld, das nach wie vor als „Verkäufermarkt“ beschrieben werden kann, ist es jedenfalls in Bieterverfahren zum Standard geworden, dass die Verkäufer von vornherein auf einer vollständigen Absicherung der Transaktion durch eine W&I- Versicherung unter Ausschluss der Eigenhaftung bestehen.
3. Und wo geht die Entwicklung hin angesichts des aktuellen Verkäufermarktes?
Gerade in jüngster Zeit lässt sich beobachten, dass Verkäufer teilweise enge Schadensbegriffe und sehr kurze Verjährungsfristen vorgeben, da die W&I- Versicherer mittlerweile in der Lage sind, auch hierfür Policy Enhancements anzubieten. Hierbei ist der Versicherer bereit, Gewährleistungen auch über die im SPA vorgesehenen Fristen hinaus (bis zum Ablauf einer längeren, in der Versicherungspolice vereinbarten, Frist) abzudecken und auch für im SPA ausgeschlossene Folgeschäden und entgangenen Gewinn aufzukommen. Diese Enhancements sind allerdings meist mit nicht unerheblichen Prämienzuschlägen verbunden, sodass die Sinnhaftigkeit einer Verkürzung von Verjährungsfristen und Einengung des Schadensbegriffs im SPA im Einzelfall von den Parteien abgewogen werden müssen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass W&I‑Versicherungen im aktuellen Marktumfeld mehr denn je eine preisgünstige, hochstandardisierte und schnelle Lösung sein können, die die früher üblichen anwaltlichen Verhandlungs-Schlachten zu Garantien und Haftungen stark verkürzen, die Risiken des Verkäufers minimieren und gleichzeitig Bürgschaften und Sicher- heitseinbehalte überflüssig machen, da der Käufer mit dem W&I‑Versicherer einen (im Regelfall) finanzkräftigen Schuldner hat. Der starke Wettbewerb unter den W&I‑Anbietern hat darüber hinaus zu kreativen Lösungen auch für die vielen noch verbliebenen Problemkreise geführt.
Über Philipp von Braunschweig
Partner bei Poellath (www.pplaw.com) und seit über 25 Jahren auf Buy-out-Transaktionen für Private Equity-Fonds, Unternehmer und Beteiligungsgesellschaften spezialisiert. Im aktuellen JUVE-Handbuch ist er zum zweiten Mal in Folge unterden 28 „führenden Beratern“ für Private Equity- Transaktionen in Deutschland aufgeführt. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist er Praxisdozent und Vorsitzender des Executive Board des Master-Studiengangs Wirtschaftsrecht an der Universität Münster.
Den ausführlicher Autorenbeitrag von Philipp von Braunschweig im neuen FYB 2022 kann Ihnen noch viele weitere Fragen beantworten https://www.fyb.de/shop/ .