Umgang mit Business Angels
Business Angels sind mittlerweile aus der Frühphasen-Finanzierung deutscher Technologieunternehmen nicht mehr hinwegzudenken. Zwar gibt es mit Institutionen wie dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) und BayernKapital sehr schlagkräftige staatliche Seed-Finanzierungsinstitute, aber auch diese können nur gemeinsam mit sich in den jungen Unternehmen auch operativ engagierenden Business Angels junge Unternehmen finanztechnisch aus der Taufe heben. Dies insbesondere auch deshalb, weil VC-Fonds typischerweise nicht Investment-Tickets von EUR 200.000 bis EUR 1 Mio. zeichnen, sondern aufgrund ihrer Fondsgrößen erst Investments von EUR 1 bis 2 Mio. und insgesamt ein Finanzierungsvolumen pro Target von ca. EUR 5 Mio. anstreben. Kleinere Ticketgrößen machen für sie bei Fondsgrößen von EUR 50 Mio. bis EUR 100 Mio. angesichts des administrativen Aufwands betriebswirtschaftlich keinen Sinn. Entsprechend ist es höchst begrüßenswert, dass Business Angels mit ihrem Finanzierungsbeitrag immer sichtbarer werden und hoffentlich bald eine ähnliche Bedeutung erlangen wie im Silicon Valley.
Für diese sehr positive Entwicklung war und ist es wichtig, dass genügend Unternehmer meist mit ihren frühen unternehmerischen Aktivitäten auch tatsächlich Geld verdient haben, da nur solche Personen auch wirklich bereit sind, sein schwer verdientes Geld wieder in unternehmerisches Risiko zu stecken. — Neben ein/zwei Dutzend bekannter und großer deutscher Business Angels, die auch Investments von ggfs. vielen EUR 100.000 pro Target übernehmen können, gibt es in Deutschland eine zunehmende Anzahl von Business Angels, die bereit und in der Lage sind, bei durchschnittlich aus Gründen der Risikostreuung angestrebten 10 Investments sich jeweils mit EUR 20.000 bis EUR 200.000 pro Investment an jungen Unternehmen zu beteiligen. Diese Angels organisieren sich zunehmend in informellen Zirkeln, um auf diesem Wege einen ausreichenden Deal Flow zu bekommen. So ist es zumeist auch nur über entsprechende Business Angels Zirkel oder –Netzwerke möglich, Kontakte zu Business Angels zu bekommen, da es keine offiziellen Listen über investitionsbereite Business Angels gibt. Uns insoweit sind Business Angels – anders als VC-Gesellschaften – für Gründer meist sehr schwer zu finden und anzusprechen.
Gründer sollten Business Angels nicht anders behandeln, als Venture Capital Investoren. Beide Kategorien von Investoren stellen Gründern primär ihre Finanzmittel zur Verfügung. Beide Kategorien von Investoren werben darüber hinaus damit, dass sie Gründern nicht nur mit “dummem“ Geld, sondern auch mit tatkräftiger Hilfe bei der Entwicklung ihrer Unternehmen behilflich sein können und wollen. Allerdings kann man bei Business Angels häufig noch etwas mehr „Hands-On“ erwarten. Dabei sollte man aber als Gründer aufpassen, dass man nicht primär dem Business Angel Anteile für seine tatkräftige Hilfe, sondern für seinen Kapitaleinsatz einräumt.
Bei der Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen einer Beteiligung von Business Angels an jungen Technologieunternehmen ist zu berücksichtigen, dass die Rahmen-bedingungen möglichst denen ähneln, die auch von Venture Capital Investoren typischerweise verwandt werden, wie z.B. ausschließlich Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, Vorzugsgeschäftsanteile mit Liquidationspräferenz, Verwässerungsschutz, bestimmte Veto-Rechte und ein Vesting von Gründeranteilen. Soweit jedoch Anteile auch für die Arbeitsleistung des Business Angels vereinbart werden, ist genau zu definieren, wie viele Tage pro Woche pro Prozentpunkt Beteiligung tatsächlich seitens des Business Angels gearbeitet werden soll und was passiert, falls der Business Angel dieser Verpflichtung am Ende nicht nachkommt.
Business Angels sollten ihre Investments in junge Technologieunternehmen immer so ausgestalten, dass weitere Finanzierungsrunden, die in 99% aller Fälle zwangsnotwendig anfallen werden, dadurch nicht behindert werden bzw. die Bedingungen verschiedener Finanzierungsrunden sich in der Technik und der rechtlichen Ausgestaltung weitgehend ähneln und lediglich in der Bewertung – sprich dem Betrag, der pro Anteil an das junge Unternehmen zu zahlen ist – variieren. Damit kann eine ansatzweise Interessengleichschaltung von Investoren sichergestellt werden. Sofern Angels hier sich an Venture Capital-übliche Vertragsregelungen anlehnen, können sie auch leichter dafür Sorge tragen, dass in späteren Finanzierungsrunden Venture Capital Investoren ohne maßgebliche Veränderung der Gesamtstruktur in ein Beteiligungsportfolio eingebaut werden können.
Wesentliche Regelungen zur Absicherung ihrer Investments für Business Angels sind Regelungen (i) über eine Vorabbefriedigung = Rückführung der Angel-Investments im Falle eines Exits (Liquidationspräferenz), (ii) der Schutz des Angels, falls eine zukünftige Finanzierungsrunde zu einer niedrigeren Bewertung (Down-Runde) stattfindet, daß er eine Anpassung der Beteiligungsverhältnisse für sein früheres Investments verlangen kann, damit er nicht für seinen – leider — übertriebenen Optimismus übermäßig bestraft wird, (iii) Regelungen zwischen den Gründern und zwischen Gründern und Investoren, dass Gründer einen Teil ihrer Anteile verlieren, wenn sie für die Umsetzung des Projektes nicht für die anfangs vereinbarte Periode von mindestens drei bis vier Jahren zur Verfügung stehen (sog. Founders‘ Vesting) und (iv) eine angemessene Corporate Governance, sprich eine Beiratsgestaltung, bei der Investoren nicht automatisch die Mehrheit haben, aber auch wesentliche Entscheidungen nicht gegen den Willen der Investoren getroffen werden können und im Übrigen sowohl die Gründer als auch die Investoren als auch industrieerfahrene Experten dem Unternehmen als Coach zur Verfügung gestellt werden.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es wenig sinnvoll ist, trotz des hohen Risikos junger Unternehmen den Gründern in der Seed-finanzierung nicht schon übermäßig hohe Beteiligungsprozente abzunehmen, da es dann häufig passieren kann, dass durch weitere Finanzierungsrunden die Gründer auf marginale Beteiligungsquoten von 2 bis 5% verwässert werden, bei denen die Gründer möglicherweise das Interesse am Projekt verlieren, da sie das Gefühl haben, ohnehin nicht von einem von ihnen erwirtschafteten Wert profitieren zu können. Insofern empfiehlt es sich sowohl für Angels als auch für die Gründer, bei der Ausgestaltung ihrer Verträge unter Einschaltung von Anwälten, die dieses Handwerk über viele Jahre oder Jahrzehnte schon praktizieren, auf mehr oder weniger standardisierte Vertragswerke zurückzugreifen, die sich hundertfach bewährt haben und mühelos implementiert werden können.