Verbesserungspotentiale bei Familienbetrieben
Viele Familienunternehmen, die wir sehen, werden recht „hemdsärmelig“ geführt. Wichtige Entscheidungen fällt der Inhaber auf Basis seiner jahrzehntelangen Erfahrung aus dem Bauch heraus. Häufig sind diese Unternehmen trotzdem sehr erfolgreich, weil die Inhaber seit Jahrzehnten eng mit der Branche und dem Markt, in dem sie sich bewegen, verwachsen sind. Es drohen aber auch große Gefahren, denn gleichzeitig fehlen oft die notwendigen professionellen Prozesse und Strukturen, um Fehlentwicklungen zeitnah zu enttarnen und das bestehende Wachstumspotenzial umfassend zu nutzen. Insbesondere im Controlling und Rechnungswesen finden wir regelmäßig erhebliche Intransparenz vor. Gutes Controlling, geeignete Finanzierungsstrukturen sowie ein funktionierendes Rechnungswesen sind unverzichtbare Grundsteine für eine positive Unternehmensentwicklung auch in schwierigeren Phasen.
Ein anderes Problem: Häufig sind Zuständigkeiten und Rechte innerhalb der einzelnen Familienmitglieder nicht ausreichend klar definiert, was insbesondere dann zu Problemen führen kann, wenn mehrere gleichrangige Familienmitglieder im Unternehmen aktiv sind. Das kann zu Streitigkeiten führen, wenn beispielsweise einer der Beteiligten plötzlich höhere Ausschüttungen fordert oder vielversprechende Expansionspläne strikt ablehnt. Hier gilt es, klare Verantwortlichkeiten und langfristige Strategien so festzulegen, dass eine langfristig konsistente Unternehmensentwicklung sichergestellt ist.
Ein immer wieder unterschätztes Thema ist die Nachfolgeregelung. Regelmäßig erleben wir, dass Unternehmer die Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Ausstieg sowie die Auswahl und Einarbeitung ihres designierten Nachfolgers zu lange vor sich herschieben. Bis es dann zu spät ist: Im schlimmsten Fall steht das über Jahrzehnte mühsam aufgebaute Unternehmen plötzlich aufgrund von Krankheit oder Tod ohne etablierte Führung da. Einen geeigneten Nachfolger zu finden kann schwierig und langwierig werden, das gilt sowohl für die Suche innerhalb der Familie als auch die Rekrutierung eines geeigneten externen Managers. Nicht jede Tochter oder jeder Sohn ist geeignet, ein Unternehmen zu führen, und nicht jeder von außen hineingeholte Kandidat passt langfristig zur Familienmentalität.
Um einen möglichst reibungslosen Übergang zu sichern, bedarf es intensiver Vorbereitung, guter Beratung und frühzeitiger Planung der Finanzierungsstrukturen. Hierbei kann ein verlässlicher Finanzierungspartner auf Zeit das Management bzw. den Nachfolger gut unterstützen. Soll der „Neue“ aus der eigenen Familie kommen, gilt es zudem so früh wie möglich dessen Eignung und Bereitschaft für diese Rolle umfassend zu testen.
Eine enorme Qualität von Familienunternehmen ist ihre Ausrichtung auf langfristige Ertragsstärke und auf Nachhaltigkeit statt auf kurzfristige Erfolge. — Hinzu kommen eine eher konservative Finanzierungsstruktur und eine tiefe regionale Verwurzelung, die mit einem starken Bewusstsein für Tradition und enger Mitarbeiterbindung einhergehen. All diese Elemente machen die Unternehmen widerstandsfähig gegenüber konjunkturellen Turbulenzen.
Gleichzeitig werden Werte wie Vertrauen, Zuverlässigkeit und Partnerschaft intensiver gelebt als anderswo. Die größte Stärke eines Familienunternehmens ist damit die Familie selbst – aber nur, wenn sie gut zusammenarbeitet, die Verantwortlichkeiten geklärt sind und wirklich alle an einem Strang ziehen, um das vorhandene Wachstumspotenzial verantwortungsbewusst und nachhaltig zu heben.