Welche Technologien unsere Industrie voranbringen
Wir investieren als early stage VC Investor entlang langfristiger Trends und Herausforderungen. Die wichtigsten 3 Herausforderungen bzw. Trends für die europäische Industrie und jegliche Wertschöpfung, die mit physischen Industriegütern verbunden ist, sehen wir erstens in der nötigen Reaktion auf den Klimawandel, zweitens beim Wiederaufbau eines Mindestmaßes von wirtschaftlicher “Souveränität”, d.h. den Zugang zu Fundamental-Innovationen und die Resilienz von Lieferketten zu sichern und drittens einer Antwort auf den demographischen Wandel, die gleichzeitig ausreichend Wettbewerbsfähigkeit in globalen Märkten aufrecht erhält, d.h. eine umfassende Digitalisierung und Automatisierung über die gesamte industrielle Wertschöpfungskette.
Unsere Aufgabe ist es, technologische Innovationen zu identifizieren die entsprechend dieser Trends von anderen Investoren meist als Climatetech, DeepTech oder IndustrialTech eingeordnet werden. Die Trennlinien zwischen diesen Begriffen verlaufen aus unserer Sicht aber eher unscharf, viele Innovationen können mehr als einem dieser drei Bereiche zugeordnet werden, für unsere Investmentstrategie steht daher nur im Vordergrund, dass eine ausreichend starke technologische Differenzierung und ein grundsätzlicher Zusammenhang zu den beschriebenen Trends des industriellen Sektors gegeben ist. Konkrete Beispiele sind zB die Reduktion der CO2 Emissionen spezifischer Produktionsprozesse durch den Einsatz von KI-basierter Prozessoptimierung, Software für das Design von leistungsfähigeren Mikroprozessoren oder Robotik-Lösungen für den Mittelstand.
Wir versuchen mit Hilfe eines sehr diversen Teams — nicht nur aus unterschiedlichsten europäischen Regionen sondern auch mit zB sehr unterschiedlichen akademischen und beruflichen Hintergründen — eine möglichst breite Basis zu bauen für die detaillierte Einschätzung von Technologie- als auch Marktpotentialen. Statt nur zu fragen was wäre ökonomisch grundsätzlich denkbar wenn eine technologische Innovation funktioniert — also einem starken Fokus auf das maximale Marktpotential‑, versuchen wir zB mindestens stabile Hypothesen zu den verbleibenden Risiken der Technologieentwicklung aufzustellen und nötige Zeiträume als auch den noch bevorstehenden Kapitalbedarf realistisch abzuschätzen.
Darauf aufbauend versuchen wir das Verhältnis zwischen ökonomischen Potential und Kapitalbedarf zu optimieren dh. im Sinne unserer Anleger also eher den am Ende realisierbaren Multiple auf das eingesetzte Kapital zu maximieren und weniger die absolute (Zwischen-)Bewertung der Investments in möglichst großen Folgefinanzierungsrunden. Etwas zugespitzt formuliert interessieren wir uns weniger für das “Unicorn-Potential” auf das die Schlagzeilen der letzten Jahre sehr stark fokussiert haben, sondern für den effektiv möglichen und realistischen Kapitalrückfluss zu unseren Anlegern. Dieser Ansatz ermöglicht es uns ein viel breiteres Portfolio an unterschiedlichsten Technologien und Geschäftsmodellen aufzubauen und Anlegern eine breiter diversifizierte Aufnahme von Industrietechnologien in ihre Vermögenstruktur zu erlauben. — In kurzen Worten, echter Portfolioansatz, weniger Hype!
Ich bin weder Ökonom, Politiker noch Hellseher, sondern nur ein europäisch geprägter Ingenieur den es in die Venture Capital Branche verschlagen hat. Aus dieser Perspektive sehe ich in Europa und Deutschland unglaublich starke Ressourcen, sowohl in Form von Universitäten und Forschungseinrichtungen, unternehmerischen Leitbildern, Produktionseffizienz und Qualität, starker privater Kapitalbasis und einem exzellenten Ruf in der globalen Geschäftswelt für Industriegüter. Es ist unbestritten wichtig an manchen Punkten der zyklischen Politik- und Wirtschaftswelt auf Mißstände hinzuweisen, Reformen zu fordern und Transformationen anzustoßen. Es scheint mir, wir haben gerade in Deutschland fast zu viel Talent darin Defizite zu identifizieren und lautstark ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen. Wir sind sehr langsam bis viel zu schlecht darin, uns öffentlich auf unsere vielen Stärken zu besinnen, Erfolge zu feiern und diese zum Ansporn zu nehmen.
Das führt dann leider soweit, dass wir unser privates Kapital lieber in die Innovationskraft anderer Kontinente investieren als in die Zukunft unseres eigenen Kontinents. Für uns Venture Capital-Investoren ein unverständlicher Vorgang, denn wir haben das Privileg, uns täglich mit hochmotivierten Gründern auszutauschen, die technologischen Stärken des Standorts zu sehen und zukunftsorientierte Potentiale zu bewerten. Damit ist unser Bild der Realität natürlich alles andere als neutral und ausgewogen, aber es zeigt viele Gründe auf, optimistisch zu sein — und durch den Einsatz des ursprünglich meist hier erwirtschafteten Kapitals die Erfolgswahrscheinlichkeiten unseres Kontinents weiter zu verbessern!
Rein anekdotisch (selbstverständlich hinkt der makroökonomische Vergleich) habe ich mich bei der Frage an meine ersten Gedanken zur Berufswahl in den Jahren 1991/92/93 erinnert und ein paar der Schlagzeilen der Wirtschaftspresse zum damals vorhergesagten Untergang von Maschinenbau, Automobilbau, den Automobilzulieferern usw. auf Google gesucht. Eine große Zahl davon lesen sich 1:1 wie die heutige Presse. Ein kurzer Blick auf die DAX Entwicklung nach 1993 zeigt, was dann doch möglich war! Das ist aber sicher auch kein Automatismus, und so ist es an der Zeit, wieder nach vorne zu schauen und uns dringend wieder auf die Potentiale von Innovation und persönlichem Einsatz zu besinnen. Unsere Portfoliofirmen zeigen was auch heute absolut möglich ist!
Über Robert Gallenberger
Robert Gallenberger ist Founding Partner bei Matterwave Ventures. Vor Matterwave war er einer der Partner im Team von btov Industrial Technologies. Nachdem er seine Karriere bei der BMW Group in der Produktion begonnen hatte, entdeckte er während seines MBA-Studiums an der London Business School die Welt der Venture Capital Investments. Erste praktische Erfahrungen sammelte Robert während Praktika und Projektarbeiten bei den VC-Teams von 3i und DFJ Esprit. Nach einer Tätigkeit als Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group in London wechselte er zu der belgischen Investmentgesellschaft Gimv. Während seiner sechs Jahre bei Gimv half Robert beim Aufbau des neuen Münchner Büros der Organisation von zwei auf 12 Vollzeitmitarbeiter und bei der Ausweitung der Investitionstätigkeit im Bereich der intelligenten Industrien von Early Stage-Ventures bis zu Small Cap-Buyouts. Er ist im Aufsicht von DyeMansion, Cybus, Headmade Materials, Threedy, DessIA und Fruitcore Robotics. Robert ist ausgebildeter Maschinenbauingenieur mit einem Doppeldiplom-Master-Abschluss der Technischen Universität München und der Ecole Centrale Paris.
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