11. März 2015
Der BGH hat 2014 mit zwei bahnbrechenden Entscheidungen Kreditinstitute und Darlehensnehmer gleichermaßen aufgeschreckt. Er hat zum einen entschieden, dass pauschale Bearbeitungsentgelt-Klauseln in Verbraucherverträgen unwirksam sein können, wobei in diesem Fall Bearbeitungsentgelte zurückgefordert werden können. Er hat zum anderen Darlehensnehmern den sogenannten „Widerrufs-Joker“ in die Hand gegeben: Unter Berufung auf vorgeblich von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Formulare sollen Kunden auch lange Zeit nach Darlehensvalutierung langfristigen Zinsbindungen entkommen können. Dies hat insbesondere zum Jahreswechsel 2014/2015 Lawinen von Kundenreklamationen ausgelöst.
Dazu 3 Fragen an Rechtsanwalt und Partner bei Wirsing Hass Zoller Rechtsanwälte in München
1. Auf welche Arten von Darlehensverträgen ist diese BGH-Rechtsprechung anwendbar?
Die Rechtsprechung des BGH ist auf Basis des die Privatautonomie einschränkenden Verbraucherschutzrechts ergangen. Da der Gesetzgeber pauschalierend davon ausgeht, dass sowohl die Erfahrung, wie die Verhandlungsmacht des professionellen Marktteilnehmers diejenigen des privaten Endverbrauchers weit überwiegt, sind in bestimmten Konstellationen Widerrufsrechte vorgeschrieben, über deren Bestehen der Verbraucher korrekt aufgeklärt werden muss. Des Weiteren wird der Verbraucher gegen diesen unangemessen benachteiligende Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschützt.
Der BGH hat sowohl im Bereich der Widerrufsbelehrung, wie im Bereich der Bearbeitungsentgelte einen Konflikt der lange Jahre gelebten Praxis mit den gesetzlichen Vorgaben erkannt und sich dabei zum Teil sogar von seiner früheren Rechtsprechung abgewandt.
2. Gibt es auch für professionelle Darlehensnehmer Chancen, sich auf diese Rechtsprechung zu berufen?
Auch wenn zahlreiche Anwälte versuchen, diese Rechtsprechung auch auf Darlehen anzuwenden, welche geschäftlichen oder sonst produktiven Zwecken dienen, ist die Frage mit einem klaren „Nein“ zu beantworten. Der Verbraucherschutz verbietet es, diese Gedanken zu verallgemeinern und auch Geschäftskredite oder sonstige Darlehen von professionellen Darlehensnehmern unter diese Rechtsprechung zu ziehen.
Daran ändert auch nichts, wenn das Kreditinstitut etwa versehentlich ein falsches Vertragsformular verwendet hat. Es kommt auf den Inhalt des Geschäfts an und nicht die äußere Form. Für professionelle Darlehensnehmer gibt es keinen Widerruf. Auch bezahlte Bearbeitungsentgelte bleiben beim Kreditgeber.
3. Welche Fristen sind zu beachten?
Klare Vorgaben hat der BGH bislang lediglich für die Bearbeitungsentgelt-Thematik gegeben. Sämtliche Bearbeitungsentgelte, welche bis zum Jahr 2011 gezahlt wurden, können heute nicht mehr zurückgefordert werden, es sei denn, es wurden bis zum 31.12.2014 verjährungshemmende Maßnahmen ergriffen. Was die Widerrufsthematik anbelangt, gibt es unterschiedliche Meinungen. Eine sehr stark im Vordringen befindliche Auffassung verweist den Kunden allerdings darauf, dass auch in diesem Bereich Rechtsfrieden einkehren muss, mithin Widerrufsrechte nicht „bis zum Sankt Nimmerleinstag“ ausgeübt werden können. Hier fehlt es aber bislang an klaren gesetzgeberischen Vorgaben; auch die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich hierzu bislang nicht eindeutig geäußert.