Wie kann sich die Private Equity-Branche erneuern?
PINOVA Capital
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3. Juni 2015
1. Die Private Equity-Industrie scheint auf der Stelle zu treten, es gibt derzeit mehr secondary Deals als Exits an Strategen. Was braucht es Ihrer Meinung nach, damit sich der Sektor innovativ wandeln und erneuern kann?
Derzeit liegt die Deal–Aktivität im Secondary Bereich in Deutschland bei über 60%. Das sind Transaktionen, bei denen sowohl Käufer als auch Verkäufer von Unternehmen aus der Beteiligungskapitalindustrie kommen. Ich halte das für eine ungesunde Entwicklung, die uns langfristig schaden wird. Man kann natürlich argumentieren, dass auch mit diesen Transaktionen Geld verdient wird. Solange das der Fall sei, so die Befürworter dieses Modells, ist das in Ordnung.
Leider greifen diese Argumente zu kurz, weil die Zahlen eine andere Sprache sprechen. Die Haltedauern steigen und die Renditen gehen zurück. Das Problem ist, dass es im Markt zu wenige Transaktionen gibt. Ich bin in diesem Jahr 18 Jahre im Geschäft. Aus meiner Wahrnehmung ist der Markt in den letzten 2 Dekaden, bis auf die Verzerrung der „Neuer Markt“-Zeit, nicht gewachsen, die Anzahl der Teilnehmer, mit prall gefüllten Taschen aber schon. Die Industrie hat sich in dieser Zeit stark institutionalisiert, alles geht, selbst im Small Cap Bereich, fast nur noch über Auktionen. Das ist nicht gut für uns, weil Transparenz und Prozesse die Renditen drücken.
Was also können wir tun? Hier gibt es keine einfache Antwort. Ich glaube, wir müssen als Industrie unser Geschäftsmodell fundamental ändern, wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen. Wir sehen das bereits im Markt. – Die Technologie schreitet unaufhaltsam fort, denken wir an die Digitalisierung, die alles erfasst, vom Mediengiganten bis zum Small- Cap Maschinenbauer. Wir müssen uns damit auseinandersetzen und wesentliche Technologietreiber nicht nur verstehen, sondern Maßnahmen zur Ausnutzung der sich daraus ergebenden Chancen in unseren Beteiligungsunternehmen konsequent umsetzen. Das Gleiche gilt natürlich auch für die damit verbundenen Risiken.
Dazu brauchen wir anderes Personal und andere Netzwerke als die, die wir es bisher gewohnt waren. Wenn man in Chancen denkt, war es in den letzten zwei Dekaden noch nie so spannend wie heute. Allerdings müssen wir den Mut haben, unser Geschäftsmodell grundlegend zu überarbeiten. Wir müssen uns mehr zutrauen und unternehmerischer werden. Wer das schafft, wird auch in den nächsten 2 Dekaden ein prosperierendes PE-Geschäft betreiben und Investoren überzeugen können.
2. PINOVA Capital bietet verschiedene Eigenkapital-Lösungen für Smallcaps. Industrie-Sektoren stehen bei PINOVA im Fokus? Welche Alleinstellungsmerkmale hat PINOVA?
PINOVA bietet flexible Eigenkapitallösungen für hochinnovative Small Caps, wobei wir bis zu 15 Millionen Eigenmittel einsetzen können. Größere Transaktionen komplettieren unsere Investoren. Wir konzentrieren und auf solche Industriesegmente angeht, in denen die deutsche Wirtschaft weltweit führend ist: Medizintechnik, Umwelttechnologien, neue Materialien, Chemie sowie Automotive. Wir haben darüber hinaus Beteiligungen an Software und E‑Commerce Unternehmen. Hier gibt es Nischen, in denen deutsche Unternehmen TOP sind, auch wenn das Internet und Software von den Amerikanern dominiert werden.
Wir sehen in unserem Technologiefokus ein Alleinstellungsmerkmal von PINOVA. Neben gestandenen Kaufleuten beschäftigen wir Technologen, Elektrotechniker, Maschinenbauer und Informatiker, was in unserem Segment eher unüblich ist. Unsere jungen Leute kommen oft mit zwei Studiengängen, davon eine technische Disziplin. Das hilft uns selbst Experten zu werden, um vom Management unserer Portfolio- Unternehmen die nötige Akzeptanz zu bekommen.
Dieser Ansatz soll auch beim Exit Früchte tragen. Oft lernen wir im Zuge unseres Portfoliomanagement-Ansatzes strategischen Käufer kennen und können einen Dialog in Gang setzen. Wir hoffen dadurch bessere Renditen generieren zu können. Die ersten Indikationen haben wir aber bereits.
3. Sie wollen der Forschung und ihren Ergebnissen den Weg in die Wirtschaft ebnen. Dazu haben Sie u.a. bei der American Chamber of Commerce (München) ein neues Format ins Leben gerufen: an sogenannten ‘Kaminabenden’ stellen Sie in einem Interview vor Publiku
Ich will Technologie erlebbar machen. Meine Eltern waren Techniker, ich selbst habe Elektrotechnik und Informatik studiert und vor meiner Karriere im VC/PE als Programmierer und Produktentwickler in der Industrie gearbeitet. Ich versuche meinen drei Kindern Technologie nahezubringen, damit sie gute Karrierechancen haben.
Bei Amcham wurde ich gebeten, ein neues Format einzuführen, weil es bei unseren bisherigen Veranstaltungen um grosse Unternehmen geht. Mit der neuen Veranstaltungsreihe „Hidden Champions“ arbeite ich mit dem Gast des Abends spontan, ohne Skript oder Präsentationsmaterial. Die Interaktion des Publikums ist nicht nur gewünscht, sondern ein Eckpfeiler des Konzepts. Mit unserm Gast tauchen wir ein in die Welt der kleinen, innovativen kleinen Technologiefirmen, vielleicht die Global Player der Zukunft, die unseren Lebensstandard sichern.
Eine weitere Motivation für das Projekt war ein Persönliches. Wir verdienen mit German Engineering und deutscher Technologie sehr gutes Geld. Die Ambivalenz und, schlimmer noch Technophobie, in großen Teilen der Bevölkerung tun mir in der Seele weh. Ich war fast 2 Jahrzehnte international unterwegs. Ich kenne keine führende Wirtschaftsnation mit einem so ausgeprägten Technologieunverständnis wie Deutschland. Wir müssen der Öffentlichkeit die Vorzüge von neuen Technologien erklären, dürfen aber die Negativseiten nicht verschweigen. Wenn ich mit dem Format ein kleines bisschen zum Verständnis und zur Akzeptanz von neuen Technologien beitragen kann, hätte sich der Einsatz gelohnt.