11. August 2011
Elf Tage in Folge ist der Deutsche Aktienindex Dax inzwischen gefallen. In Frankreich und Italien kämpfen ganze Staaten um ihr ökonomisches Fundament. Die Finanzsysteme vieler Länder sind in Unordnung. In einer solchen Zeit extremer Volatilitäten an den Aktienmärkten, zahlreichen Unruheherden in der ganzen Welt und einer schwer einzuschätzenden Entwicklung sowohl in den europäischen Ländern als auch in den USA entstehen viele Fragen im Hinblick auf geplante und laufende Transaktionen.
Dazu 3 Fragen an Geschäftsführender Partner, M&A International GmbH, Kronberg
1. Welchen Einfluss hat die aktuelle Entwicklung an den Finanzmärkten auf laufende oder geplante Firmenkäufe/-verkäufe bzw. Transaktionen?
Bei laufenden Projekten gilt erst einmal, nicht in Panik zu verfallen. Bei der aktuellen Berichterstattung hat man teilweise den Eindruck, ein richtiger Crash soll herbeigeredet werden. Der größte Teil der Transaktionen betrifft nicht börsennotierte Unternehmen im Mittelstand, deren Gewinnsituation aktuell sehr gut ist. Deshalb sind wir trotz der aktuellen Turbulenzen für das Gesamtjahr 2011 sowohl bezüglich der Anzahl der Transaktionen als auch des gesamten Transaktionsvolumens (Summe der Unternehmenswerte) nicht skeptisch. Der Markt wird auch aktuell weiter von Strategen dominiert, die langfristig denken. Gerade an deutschen Unternehmen besteht unverändert hohes Interesse aus dem Ausland.
2. Worauf gilt es in diesem Börsenumfeld bei einer Unternehmenstransaktion besonders zu achten?
Natürlich wird das derzeitige Klima genutzt, die Zukunftsaussichten der Unternehmen insbesondere im Rahmen der Due Diligence noch stärker zu hinterfragen als es in den letzten beiden Jahren ohnehin schon der Fall war. Die Tendenz sich auf alle Seiten (Banken, Berater, Käufer) abzusichern, wird durch die aktuelle Situation noch intensiviert. Auch werden Käufer versuchen, ihre Kaufangebote für sich zu optimieren. Darauf muss man sich verhandlungstaktisch vorbereiten. Da es für gute Unternehmen aber genug Bieterwettbewerb gibt, sollte der aktuelle Einfluss auf den Markt für Übernahmen gering sein. Und wenn es gar nicht anders geht, muss man auch die Stärke haben, eine Transaktion zu verschieben. Man sollte die aktuelle Situation insoweit nicht überbewerten, als die wirtschaftliche Gesamtsituation auch in den nächsten beiden Jahren noch weiter herausfordernd bleiben wird.
3. Welche Faktoren sollten sowohl Unternehmer als auch Intermediäre vor dem Hintergrund wackeliger Finanzmärkte in zukünftige strategische Überlegungen miteinbeziehen?
Die aktuelle Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung der Weltwirtschaft und des Bankensystems bedingt sicherlich eine noch sorgfältigere Transaktionsvorbereitung. Natürlich spielt auch die Frage des richtigen Timings einer Transaktion eine noch stärkere Rolle. Dies gilt insbesondere bei Transaktionen, die fremdfinanziert werden. Im ersten Halbjahr hatte sich das Klima für Akquisitionsfinanzierungen fast schon wieder normalisiert. Auch erste größere Buy-outs mit stabilen Geschäftsmodellen wurden finanziert (Takko, Metro-Immobilien, Jack Wolfskin). Wenn der Druck auf das Bankensystem anhält, könnte es wieder schwieriger werden, Finanzierungen zu bekommen. Bei Private Equity würde die Erholung des ersten Halbjahres damit wieder einen Dämpfer bekommen.
Hier ist aber ohnehin ein bedeutender Strukturwandel in Gang, der die Zahl der Anbieter, Haltedauern und Finanzierungsstrukturen betrifft. Sicher können angedachte Transaktionen auch etwas verschoben werden, bis sich die Märkte wieder etwas stabilisiert haben. Die Unternehmer, die z.B. die Regelung der unternehmerischen Nachfolge ohnehin gerne verschieben, finden aktuell natürlich noch mehr Gründe, es weiterhin zu lassen. Wo sollen sie denn den Transaktionserlös aktuell anlegen? Vielleicht gerade jetzt in Aktien? Zahlreiche Vorstände von DAX-Unternehmen haben den Kursrutsch jedenfalls für Aktienkäufe genutzt.