„Sustainable Finance“ – Megatrend oder nur bürokratischer Aufwand?
ARQIS
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9. Dezember 2020
1. Was ist denn das Ziel der Gesetze, die auf uns zukommen?
Zielvorgabe ist es, das Kapital des Finanzsektors in nachhaltiges Wachstum zu lenken und zur Bewältigung des Klimawandels zu mobilisieren. Darüber hinaus sollten Nachhaltigkeitserwägungen gerade auch zur Stärkung der Finanzmarktstabilität beitragen, etwa durch die Berücksichtigung in Risikomanagement- und Kapitalanlage-Prozessen.
Die drei Ziele lauten: Neuausrichtung der Kapitalflüsse hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft, Einbettung der Nachhaltigkeit in das Risikomanagement, sowie Förderung von Transparenz und Langfristigkeit. Einem Masterplan gleich legt darin die EU-Kommission fest, wie über die nächsten Jahre in nahezu alle Bereiche des Wirtschaftens Nachhaltigkeitserwägungen einbezogen werden sollen.
2. Welche Veränderungen betreffen denn den Finanzsektor?
Der gesamte Orientierungskompass kapitalmarktnaher Unternehmen wird sich neu ausrichten müssen. So werden bspw. auch Ratingagenturen und Benchmark-Anbieter neue Nachhaltigkeitserwägungen in ihre Analysen mit einfließen lassen müssen.
Um die Grundlagen eines einheitlichen Handelns zu schaffen, wurde zunächst ein gemeinsames Verständnis des Begriffes „nachhaltig“ normiert durch die Taxonomie-Verordnung (VO (EU) 2020/852), die am 18. Juni 2020 final verabschiedet worden ist. Sie beinhaltet ein einheitliches Klassifikationssystem zur Ermittlung, welche Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten sollen. Wirtschaftstätigkeiten sind ökologisch nachhaltig, wenn sie zum Beispiel einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines Umweltziels leisten oder einen Mindestschutz in Bezug auf Arbeits- und Menschenrechte einhalten.
Als Umweltziele gelten die sechs folgenden Kategorien: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung, sowie der Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
3. Und wie sollen die entsprechende Daten erhoben werden? Sie liegen ja vermutlich nur sehr unvollständig vor.
Das ist bislang noch offen. Zumal auch im Hinblick auf wissenschaftliche Erkenntnisse sicher nicht in jedem Fall entsprechende Evidenz verfügbar ist, so dass viele Zweifelsfragen bleiben werden. Da tröstet die letzte Anforderung an die Bewertungskriterien: Diese sollen einfach anzuwenden und so festgelegt werden, dass die Überprüfung ihrer Einhaltung erleichtert wird.