ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Dr. Joerg Zirener

Trends bei Buy-and-Build-Strategien in Corona-Zeiten

Dazu 3 Fragen an Dr. Joerg Zirener

One Equity Part­ners (OEP)
Foto: Dr. Joerg Zirener
6. April 2021

Unter dem Einfluss von Corona im ersten Halb­jahr 2020 hat zunächst aufgrund der Unsi­cher­hei­ten die Gesamt­an­zahl der Trans­ak­tio­nen abge­nom­men. Buy-and-Build-Konzepte zeigen sich jedoch erfolg­reich in Corona-Zeiten. Vom Verkauf an ein PE-geführ­­tes Unter­neh­men im Rahmen von Buy-and-Build-Konzep­­ten profi­tie­ren beson­ders klei­nere Unter­neh­men. Es ermög­licht ihnen, Teil einer größe­ren Gruppe zu werden und damit den Zugang zu neuen Produk­ten und Märk­ten zu bekom­men, eine stär­kere Wahr­neh­mung durch Kunden und Liefe­ran­ten zu errei­chen, die Attrak­ti­vi­tät für quali­fi­zierte Mitar­bei­ter zu erhö­hen und Skalen­ef­fekte auf der Kosten­seite zu erzie­len. Das kann insbe­son­dere in einer Krise enorm wich­tig sein.


Dazu 3 Fragen an Dr. Joerg Zire­ner, Senior Mana­ging Direc­tor bei One Equity Part­ners (OEP) in Frank­furt am Main.

1. Neben Corona dürfte “Digi­ta­li­sie­rung” zu den meist gebrauch­ten Worten in 2020 gehö­ren. Wie haben sich die Inves­ti­ti­ons­pro­zesse im PE-Sektor im Lock down verändert?
Nach einer kurzen Zeit der Unsi­cher­heit im zwei­ten Quar­tal 2020 haben sich sowohl Käufer als auch Verkäu­fer von Unter­neh­men schnell auf die neue Situa­tion einge­stellt und sind dazu über­ge­gan­gen Verkaufs­pro­zesse weitest­ge­hend digi­tal zu orga­ni­sie­ren. Auch wir seitens OEP haben dabei bereits Unter­neh­men komplett digi­tal sowohl gekauft als auch verkauft. Dabei werden nicht nur wie seit langem üblich die Daten­räume digi­tal zu Verfü­gung gestellt, sondern auch sämt­li­che Inter­ak­tio­nen zwischen Käufer und den jewei­li­gen Manage­ment Teams. Manage­ment Präsen­ta­tio­nen sowie Exper­ten­run­den werden dabei über Video­kon­fe­renz­platt­for­men wie bspw. Zoom oder Micro­soft Teams digi­tal abge­wi­ckelt. Gerade für die poten­zi­el­len Käufer bedeu­tet dies auf der einen Seite eine deut­lich Effi­zi­enz­stei­ge­rung, da man u.a. aufgrund der einge­spar­ten Reise­zeit deut­lich effi­zi­en­ter operie­ren und somit auch mehr Oppor­tu­ni­tä­ten gleich­zei­tig verfol­gen kann was gerade in ‚buy-and-build‘ Situa­tio­nen von Vorteil ist. Glei­ches gilt auch für die Verkäu­fer, die sonst aufwen­dig zu orga­ni­sie­rende Manage­ment-Präsen­ta­tio­nen oder soge­nannte ‚fire site chats‘ mit mehr Inter­es­sen­ten als sonst durch­füh­ren können. Auf der ande­ren Seite sind Inves­ti­ti­ons­pro­zesse und erfolg­rei­che Trans­ak­tio­nen natür­lich auch stark vom persön­li­chen Vertrauen der betei­lig­ten Perso­nen zuein­an­der abhän­gig, was wiederum in Zeiten von Corona und fehlen­den persön­li­chen Kontak­ten schwie­ri­ger aufzu­bauen ist. In Zukunft werden wir uns deshalb sicher­lich wieder auf eine gesunde Balance zwischen digi­tal und physisch einstel­len werden.
2. Auf welche Sekto­ren haben sich Ihrer Wahr­neh­mung nach die Trends verlagert?
Man sieht aktu­ell verstärk­tes Inter­esse seitens der Private Equity Bran­che an vielem, was mit dem Thema Digi­ta­li­sie­rung im weites­ten Sinne zusam­men­hängt. Unter­neh­men aber auch der öffent­li­che Sektor hat deut­lich fest­stel­len müssen, dass wir gerade in Deutsch­land in Bezug auf dieses Thema nicht adäquat aufge­stellt sind. Aktu­ell erle­ben wir einen star­ken Digi­ta­li­sie­rungs­schub auf vielen Ebenen, das bedeu­tet, Verän­de­run­gen die sonst mehrere Jahre gedau­ert hätten, erfol­gen in weni­gen Mona­ten. Bestes Beispiel war die Notwen­dig­keit der Unter­neh­men einen großen Teil ihrer Mitar­bei­ter quasi über Nacht in das Home-Office zu schi­cken. Was die Verfüg­bar­keit von Hard­ware, Endge­räte wie bspw. Laptops erfor­dert, aber auch eine entspre­chende Band­breite, um reibungs­los arbei­ten zu können. Daran knüp­fen sich in einem zwei­ten Schritt die Themen Sicher­heit (Cyber-Secu­rity), reibungs­lose Zusam­men­ar­beit (Colla­bo­ra­tion) aber auch die Digi­ta­li­sie­rung von einzel­nen Geschäfts­pro­zes­sen an, die vorher physisch abge­wi­ckelt worden sind, um sowohl ‚Work-from-Home‘ Modelle zu ermög­li­chen, aber auch sicher­zu­stel­len, dass zukünf­tig vor Ort/Bürobetrieb Corona konform umzu­set­zen ist. Dies sind wich­tige Trends, die uns in Zukunft stark beschäf­ti­gen werden. Seitens OEP sehen wir aktu­ell in vielen unse­rer Port­fo­lio Unter­neh­men, dass sich der Bedarf an Büro­flä­che um ca. 30% nach Corona redu­zie­ren wird. Dies ist vor allem auf die gestie­gene Flexi­bi­li­tät in Bezug auf den Arbeits­ein­satz und Arbeits­ort vieler Mitar­bei­ter zurück­zu­füh­ren. Es wird dabei weni­ger feste Arbeits­plätze in den Büros geben als viel­mehr Gemein­schafts­flä­chen, die je nach Bedarf gebucht und genutzt werden. Wir seitens OEP beschäf­ti­gen uns schon langem sowohl in Nord­ame­rika als auch Europa mit dem Thema Tech­no­lo­gie als einem unse­rer Inves­ti­ti­ons­schwer­punkte und haben dabei viel­fäl­tige Erfah­run­gen im Bereich Soft­ware, IT-Service / Digi­ta­li­sie­rung und Hard­ware­aus­stat­tung gemacht. So haben wir bspw. im März letz­ten Jahres — zum Hoch­punkt der ersten Corona Krise — bewusst in den Bereich der Hard­ware­aus­stat­tung durch den Erwerb der in Böblin­gen behei­ma­te­ten MCL inves­tiert, da wir hier wie oben darge­stellt einen deut­li­chen Nach­hol­be­darf sehen. Seit Erwerb der MCL ist es uns in den letz­ten 12 Mona­ten gelun­gen die Firma durch 3 weitere Akqui­si­tio­nen in den Berei­chen Cyber­se­cu­rity, Cloud Trans­for­ma­tion und Mana­ged Services deut­lich zu stär­ken, zukunfts­ge­recht aufzu­stel­len und den Umsatz dabei um 50% zu erhö­hen. Anfang diesen Jahres hat OEP ferner in den spani­schen Digi­ta­li­sie­rungs­spe­zia­lis­ten VASS inves­tiert und damit eine weitere Platt­form in diesem schnell wach­sen­den Bereich hinzu­ge­won­nen. Der Grün­der Javier Latasa und das Manage­ment Team von VASS haben sich dabei spezi­ell aufgrund der Exper­tise und des über­zeu­gen­den ‚buy-and-build‘ Track Record für OEP entschie­den, um VASS zu einem globa­len Anbie­ter von Digi­ta­li­sie­rungs­lö­sun­gen zu entwi­ckeln. Aktu­ell sind wir auch dank vieler virtu­ell geführ­ten Gesprä­che mit diver­sen inno­va­ti­ven Lösungs­an­bie­ter im Austausch, um VASS in Nord-Europa, Latein­ame­rika und den USA zu etablieren.
3. Wir haben einen Digi­ta­li­sie­rungs­schub in den letz­ten 12 Mona­ten erlebt, der sonst 3–5 Jahre gedau­ert hätte. What is the new “normal” zwischen PE-Inves­tor und Port­fo­lio-Company oder Target? Was hat sich verschoben?
Inner­halb der letz­ten 12 Monate haben sich nahezu alle Inter­ak­tio­nen zwischen Port­fo­lio Unter­neh­men und PE-Inves­tor in den virtu­el­len Raum verscho­ben. Wo früher fast ausschließ­lich persön­li­che Tref­fen statt­ge­fun­den haben, werden heute Video­kon­fe­ren­zen abge­hal­ten. Zukünf­tig denke ich, dass sich das Pendel wieder etwas mehr in die Mitte bewegt und es einen gesun­den Mix zwischen persön­li­chen Tref­fen und virtu­el­len Konfe­ren­zen geben wird. Dies schafft die perfekte Balance um Vertrau­ens­ver­hält­nisse zu pfle­gen und wich­tige Themen persön­lich bespre­chen zu können, aber auch gleich­zei­tig an Effi­zi­enz zu gewin­nen, wenn es um Stan­dard­tref­fen geht, die virtu­ell abge­hal­ten werden können. Ferner wurden auch neue Arten der Zusam­men­ar­beit im Rahmen von digi­ta­len Arbeits­grup­pen und Work­places geschaf­fen, die zukünf­tig auch weiter­hin genutzt werden und zu einer verbes­ser­ten Zusam­men­ar­beit über Gren­zen und Kompe­ten­zen hinweg beitra­gen werden. Auch im Verhält­nis zu den Kunden wurden sehr viel­ver­spre­chende virtu­elle Arbeits­wei­sen wie bspw. Webi­nars etabliert, die deut­li­chen Mehr­wert für die Kunden bieten und mittels denen Produkte sowie Lösun­gen einem größe­rem Adres­sa­ten­kreis gleich­zei­tig präsen­tiert werden können. Auch diese werden zukünf­tig weiter­hin neben persön­li­chen Besu­chen und Messen genutzt werden.   Dr. Jörg Zirener Dr. Jörg Zire­ner ist Senior Mana­ging Direc­tor bei One Equity Part­ners (OEP) in Frank­furt. Seit seinem Einstieg im Jahr 2006 hat Dr. Zire­ner diverse Invest­ments im Tech­no­lo­gie- als auch Indus­trie­um­feld für OEP erfolg­reich durch­ge­führt, mit Fokus auf Buy-and-Build Konzep­ten, die es den Port­fo­lio Unter­neh­men ermög­lich­ten, Zugang zu neuen Produk­ten und Märk­ten aufzu­bauen, eine stär­kere Wahr­neh­mung durch Kunden und Liefe­ran­ten zu errei­chen, die Attrak­ti­vi­tät für quali­fi­zierte Mitar­bei­ter zu erhö­hen und Skalen­ef­fekte auf der Kosten­seite zu erzie­len. Aktu­ell ist Dr. Zire­ner im Beirat/Aufsichtsrat folgen­der Unter­neh­men vertre­ten: DWK Life­sci­ence, Lutech, Neology, Veri­ma­trix, MCL, VASS und Biblio­theca. Vor seiner Zeit bei OEP war Dr. Zire­ner Senior Projekt Mana­ger im Bereich Restruk­tu­rie­rung bei Roland Berger Stra­tegy Consul­tans. Zudem grün­dete Dr. Zire­ner ein eige­nes Unter­neh­men, welches sich auf die Vermark­tung von Fanar­ti­keln im Zusam­men­hang mit der Fußball Welt­meis­ter­schaft 2006 in Deutsch­land sowie der deut­schen Bundes­liga fokus­sierte. Er studierte BWL an der Euro­pean Busi­ness School in Oestrich Winkel, der Univer­si­dad de la Empresa in Buenos Aires und der Ecole Supé­ri­eure de Commerce de La Rochelle. 

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