Krisen- und ESG-Management bei Portfolio-Unternehmen
H.I.G. Capital
Weitere Interviews
9. November 2021
1. Wie stehen Sie den neuen ESG-Standards gegenüber?
Nachhaltiges Investieren steht in Zeiten des Klimawandels und Ressourcenbewusstseins zurecht im Fokus. ESG – also Nachhaltigkeit in Bezug auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – hat für H.I.G. Capital eine hohe Bedeutung. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und greifen das Thema aktiv auf. Ich denke, dass gerade Private Equity hier einen positiven und signifikanten Beitrag für die Gesellschaft leisten kann. Schon heute spielt ESG bei Unternehmenskäufen in der Due Diligence eine wichtige Rolle und wird künftig aus meiner Sicht noch an Bedeutung gewinnen.
Unternehmen mit einem klaren und positiven ESG-Profil erzielen am Markt höhere Bewertungen. Das wird etwaige Mehrkosten, beispielsweise durch Einführung anspruchsvoller ESG-Standards, ausgleichen oder sogar übertreffen. Ein anderes Beispiel: Schon heute bieten einige Debt Funds eine Verringerung der Zinsmargen für ESG-orientierte Unternehmen an. Wir bei H.I.G. Capital sind überzeugt: ESG und attraktive Erträge schließen sich nicht aus – im Gegenteil.
2. Was macht gutes Krisen-Management bei einem Private Equity-Unternehmen aus?
Wichtig in hochdynamischen Phasen ist eine transparente und faktenbasierte Zusammenarbeit mit den Portfoliounternehmen. Es gilt, Risiken aktiv zu adressieren, aber auch gemeinsam Marktchancen zu ergreifen. Das können Neukundengewinne, Unternehmenszukäufe oder auch die Neueinstellung von Mitarbeitern sein.
Mindestens ebenso wichtig ist der proaktive Austausch und die damit verbundene Transparenz gegenüber relevanten Stakeholdern. Denken Sie etwa an die finanzierenden Banken, oder auch die Investoren eines Fonds. Schließlich gilt es, konsequent Entscheidungen zu treffen und klar zu kommunizieren, gegenüber dem Management der Portfoliounternehmen und auch dem eigenen Investmentteam. Viele haben solche Ausnahmesituation noch nie selbst erlebt. – Meine aktuellen Erfahrungen während der Coronakrise sind, dass die Unternehmensführungen der Portfoliounternehmen absolut krisenfest und stark aufgestellt sind. Dies gilt sowohl im Zusammenspiel mit Kunden und Lieferanten als beispielsweise auch in der internen Kommunikation mit Führungskräften und Mitarbeitern. Viele unserer Portfoliounternehmen konnten in der Pandemie Add-on Akquisitionen tätigen und sogar Ergebnissteigerungen erzielen. Für 2022 erwarte ich übrigens ein ähnlich dynamisches Umfeld. Und ich bin sicher, dass sich erneut diverse Marktchancen im Portfolio ergeben werden. Der alte Leitsatz, dass in jeder Krise eine Chance liegt, gilt heute mehr denn je.
3. Welche konkreten Chancen sehen Sie im kommenden Jahr?
Da gibt es einige – lassen Sie mich exemplarisch zwei herausgreifen. Erstens: Der Trend der Unternehmen zu Fokussierung und Konzentration auf die Kernaktivitäten hält an. Gerade bei größeren Unternehmensgruppen werden vermehrt Randbereiche abgespalten und verkauft. Man hat erkannt, dass diese Einheiten im Konzern oft nicht die Aufmerksamkeit, Freiheit und Investitionen erhalten, die sie verdienen. Bei diesen so genannten Carve-Out-Situationen kommen wir ins Spiel. Wir haben über Jahrzehnte Erfahrung gesammelt, wie man diese Aktivitäten stärkt, weiterentwickelt und skaliert. Dazu nutzen wir nicht zuletzt unsere umfassende Branchenexpertise und globale Präsenz. Hier schaffen wir echten Mehrwert – natürlich auch für unsere Investoren, vor allem aber für Mitarbeiter und Kunden des Unternehmens. Das ist eine echte Win-win-Konstellation.
Das gleiche gilt – zweite Chance – auch für die Nachfolge bei vielen mittelständischen Unternehmen, die in ihren Märkten übrigens häufig über eine hervorragende Stellung verfügen. Wenn die nächste Generation ihre Zukunft aber nicht im Unternehmen sieht, muss eine andere Lösung her. Wichtig ist in dieser Situation der Respekt vor dem Lebenswerk der Gründerin oder des Gründers und ebenso vor der Kultur des jeweiligen Unternehmens. Genau das bringen wir mit. Denn wir verbinden lokale Expertise und Erfahrung mit den Möglichkeiten eines global tätigen Hauses.
Über Holger Kleingarn
Holger Kleingarn ist Managing Director und Head of Germany bei H.I.G. und arbeitet seit mehr als fünfzehn Jahren im Private Equity. Sein Schwerpunkt liegt auf Buy-Outs, Wachstumsinvestitionen und Turnarounds von Mittelstandsunternehmen innerhalb Europas mit Fokus auf die deutschsprachigen Länder. Vor seiner Zeit bei H.I.G. war Holger Partner bei der in London ansässigen Palamon Capital, einem PE-Unternehmen, das sich auf mittelständische Unternehmen in Europa fokussiert. Zuvor leitete Holger als CEO den MBO eines mittelständischen Softwareunternehmens. Er startete seine Karriere bei den Bain & Company und Roland Berger, zuletzt als Partner und Mitglied des Managementteams Financial Services.
H.I.G. ist eine führende Beteiligungsgesellschaft mit über 38 Mrd. Euro Kapital unter Management und Niederlassungen in den USA (Miami, Atlanta, Boston, Chicago, Dallas, Los Angeles, New York und San Francisco), in Europa (Hamburg, London, Luxemburg, Madrid, Mailand und Paris) sowie in Lateinamerika (Bogotá, Rio de Janeiro und São Paulo). Wir sind auf Eigenkapital-Investitionen in kleine und mittlere Unternehmen spezialisiert, bei denen wir eine bedeutende Rolle bei der Erschließung des vorhandenen Wertpotenzials spielen können.