ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Dr. Wolfgang Weitnauer

Mitarbeiterbeteiligung, GESSI und Treuepflichten

Dazu 3 Fragen an Dr. Wolfgang Weitnauer

Weit­nauer Part­ner­schaft mbB Rechts­an­wälte Steu­er­be­ra­ter in München
Foto: Dr. Wolf­gang Weitnauer
23. Mai 2023


Dazu 3 Fragen an Dr. Wolf­gang Weit­nauer, Grün­der und Part­ner bei Weit­nauer Part­ner­schaft mbB Rechts­an­wälte Steu­er­be­ra­ter in München

1. Sie haben sich verstärkt mit Themen der Mana­ger- und Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung befasst. Welche Auswir­kun­gen sind vom ZuFinG (Zukunfts­fi­nan­zie­rungs­ge­setz) zu erwar­ten, wenn der Refe­ren­ten­ent­wurf so umge­setzt wird?
Ziel ist es, die Betei­li­gung von Mitar­bei­tern über eine „echte“ Gesell­schaf­ter­stel­lung statt der gebräuch­li­chen virtu­el­len Phan­tom Stock-Modelle zu fördern. Das Problem der Dry Income Besteue­rung des geld­wer­ten Vorteils bei Über­tra­gung „echter“ Anteile suchte der Gesetz­ge­ber zunächst mit dem Fonds­stand­ort­ge­setz für KMU’s dadurch zu lösen, dass er die Lohn­be­steue­rung auf bestimmte spätere Zeit­punkte verschob, nämlich bis zur Über­tra­gung der Betei­li­gung, der Been­di­gung des Dienst­ver­hält­nis­ses und spätes­tens 12 Jahre nach Über­tra­gung der Betei­li­gung. Die Schwach­stel­len dieser Rege­lung sollen nun durch das ZuFinG‑E beho­ben werden: Die KMU- Krite­rien werden nach dem Refe­ren­ten­ent­wurf verdop­pelt und damit der Anwen­dungs­be­reich erwei­tert; auch Unter­neh­men, deren Grün­dung 20 Jahre zurück­liegt, werden erfasst; bei nied­ri­ge­rer Abfin­dung (etwa im Bad Leaver Fall) wird nur diese besteu­ert, also nicht der höhere geld­werte Vorteil bei Einräu­mung; die Besteue­rung erfolgt nur beim Verkauf im Fall der Über­nahme der Haftung für die Lohn­steuer durch den Arbeit­neh­mer bei Ausschei­den. Zudem wird für den Arbeit­ge­ber die Möglich­keit einer Pauschal­be­steue­rung mit 25% geschaf­fen. Dies alles führt zu einer hohen Komple­xi­tät der Rege­lung. Am einfachs­ten wäre es, den Erlös aus einer Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung gene­rell nur bei Veräu­ße­rung oder Über­tra­gung mit 25% zu besteu­ern und dabei auch Phan­tom Stock als Vermö­gens­be­tei­li­gung mit glei­cher Besteue­rung einzu­be­zie­hen. Dann erspart man sich auch das nach wie vor unge­löste Problem der Bewer­tung der Betei­li­gung im Zeit­punkt ihrer Einräu­mung, sofern sie nicht gerade im zeit­li­chen Zusam­men­hang mit einer Finan­zie­rungs­runde steht. Hinzu kommt, dass aus Corpo­rate Gover­nance Grün­den eine echte Betei­li­gung mehre­rer Mitar­bei­ter nur empfeh­lens­wert ist, wenn sie in einer Betei­li­gungs­ge­sell­schaft gebün­delt sind; § 19a (1) 2 EStG lässt zu diesem Zweck die indi­rekte Betei­li­gung über eine Perso­nen­ge­sell­schaft ausdrück­lich zu. — Es wird nach meiner Einschät­zung sicher noch Zeit brau­chen, bis die echte Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung als Alter­na­tive zu virtu­el­len Betei­li­gun­gen in Betracht gezo­gen wird. Es kann sich aber lohnen, auch dafür Stan­dard­mo­delle zu entwi­ckeln. Ein Vorschlag für den Vertrag einer Mitar­bei­ter-KG findet sich etwa bereits im Anhang der 7. Aufl. meines VC-Handbuchs.
2. Sie zeich­nen für das GESSI Betei­li­gungs­ver­trags­werk verant­wort­lich, das Sie derzeit über­ar­bei­ten. Was sind seine Besonderheiten?
GESSI steht für das deut­sche „Stan­dards Setting Insti­tute“. Hier werden auf Initia­tive von BAND und dem German Start-up Verband deutsch-engli­sche Muster­ver­träge mit Erläu­te­run­gen entwi­ckelt, die jeder­mann frei zum Abruf zur Verfü­gung stehen. Mein Bestre­ben war es im Inter­esse von Busi­ness Angels und Start-ups eine möglichst einfa­che und kosten­güns­tige Vertrags­struk­tur zu schaf­fen. In Deutsch­land sind vor allem die vergleichs­weise hohen Notar­kos­ten für die Beur­kun­dung eines Betei­li­gungs­ver­trags eine Belas­tung, die es so im inter­na­tio­na­len Vergleich nirgends gibt. Zur nota­ri­el­len Form gelangt man, wenn Über­tra­gungs­pflich­ten für Geschäfts­an­teile im Betei­li­gungs­er­trag gere­gelt werden. Dafür bedarf es nach § 15 (4) GmbHG der nota­ri­el­len Form, die den gesam­ten Vertrag erfasst. Dann berech­nen sich die Notar­kos­ten nicht nur aus dem Invest­ment, sondern zusätz­lich auch aus der Post money- Bewer­tung abzüg­lich des auf die kleinste Betei­li­gung entfal­len­den Werts, da dies den Wert der Mitver­kaufs­pflicht bestimmt. Verschiebt man diese Regeln aber in die Satzung, ist dem Beur­kun­dungs­er­for­der­nis Genüge getan und bleibt es allein bei der Berech­nung der ohne­hin erfor­der­li­chen Satzungs­än­de­rung, für die ein gerin­ger fester Betrag anzu­set­zen ist. Wegen der Frage, ob für die nomi­nale Kapi­tal­erhö­hung zusätz­lich die geson­dert verein­barte Zuzah­lung anzu­set­zen ist, habe ich eine Sprung­rechts­be­schwerde zum BGH anhän­gig gemacht, über die eine Entschei­dung aussteht. Ohne­hin ist aber das Beur­kun­dungs­er­for­der­nis für Anteile an einer GmbH und ebenso einer UG (haftungs­be­schränkt) ein Fremd­kör­per, nicht nur weil für Akti­en­über­tra­gun­gen keine solche Form gilt, sondern auch weil wegen der beim Handels­re­gis­ter zu hinter­le­gen­den Gesell­schaft­er­liste ausrei­chende Rechts­si­cher­heit zur Anteils­in­ha­ber­schaft herge­stellt wird. Das ZuFinG‑E sieht die Digi­ta­li­sie­rung von Aktien vor. Bei der in der Praxis über­wie­gen­den Rechts­form der GmbH und UG (haftungs­be­schränkt) wird aber an keine Reform gedacht. Dabei wäre die Abschaf­fung des dort gelten­den nota­ri­el­len Form­erfor­der­nis­ses, bereits durch das ZuFinG, ein echter „Game Changer“.
3. Sie sehen viele Start-ups. Welche Auswir­kun­gen hat die unsi­chere Markt­lage auf die Kondi­tio­nen und Regeln einer Finanzierungsrunde?
Dank der staat­li­chen Unter­stüt­zungs­maß­nah­men blieb die VC-Szene auch während der Pande­mie stabil. Mit dem Ukraine-Krieg, der Ener­gie­krise und der Infla­tion mit stei­gen­den Zinsen, aber auch mit neuen Unsi­cher­hei­ten bei den US-Banken halten sich Inves­to­ren wieder zurück. Das führt vor allem zu nied­ri­ge­ren Bewer­tun­gen, die sich damit nach meinem Eindruck damit wieder auf ein norma­les Niveau zube­we­gen. Multi­pli­ka­to­ren oder eine Verzin­sung auf Liqui­da­ti­ons­prä­fe­ren­zen sieht man trotz­dem nicht, auch nicht eine Umkehr zur Nicht­an­re­chen­bar­keit solcher Präfe­ren­zen. Auch der Verwäs­se­rungs­schutz bleibt idR gewich­tet. Wer inves­tiert, tut dies also idR zu den alten Regeln. Dies ist auch gut so, damit keine die Früh­pha­sen­in­ves­to­ren und Grün­der belas­tende Vorzei­chen für spätere Runden geschaf­fen werden. Einem „pay to play“, der einen mittel­ba­ren Druck für Folge­invest­ments schafft, wird sich ein Neuin­ves­tor in dieser unsi­che­ren Zeit nicht unter­wer­fen. Zu beob­ach­ten ist, dass erheb­li­cher Druck im Sinne eines „Sanie­rens oder Ausschei­dens“ bei insol­venz­na­hen Start-ups durch finan­zie­rungs­be­reite Gesell­schaf­ter gegen­über nicht dazu berei­ten Mitge­sell­schaf­tern erzeugt wird. Eine Pflicht zum Ausschei­den kann aber bei einer Kapi­tal­ge­sell­schaft nicht aus der Treue­pflicht abge­lei­tet werden. Es darf nur keine Kapi­tal­maß­nahme aus Eigen­nutz blockiert werden, wenn sie nach­weis­lich zur Rettung der Gesell­schaft führt. Daraus folgende Verwäs­se­rungs­ef­fekte, auch risi­ko­an­ge­mes­sene Vergü­tun­gen, sind hinzu­neh­men. Da sich der Inhalt der allge­mei­nen Treue­pflicht maßgeb­lich danach bestimmt, was die Gesell­schaf­ter verein­bart haben, empfiehlt es sich aber, die Voraus­set­zun­gen einer weite­ren Finan­zie­rung (so wie die Mitver­kaufs­pflicht) im Voraus fest­zu­le­gen, nämlich im Sinne einer Mitwir­kungs­pflicht, wenn eine Mehr­heit der Gesellschafter/ Inves­to­ren dafür stimmt, voraus­ge­setzt dass keinem Gesell­schaf­ter eine Nach­schuss­pflicht aufer­legt wird, ihm keine Sonder­rechte entzo­gen werden und der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz beach­tet wird. Die Verein­ba­rung einer solchen Mitwir­kungs­pflicht ist deshalb wesent­lich, weil die Ände­rung einer Betei­li­gungs­ver­ein­ba­rung andern­falls die Zustim­mung aller Vertrags­par­teien erfor­dert. Als Mehr­heit bietet sich dafür, wie für die Satzungs­än­de­rung, die quali­fi­zierte Mehr­heit von 75% an. Dient die Finan­zie­rung der Abwen­dung einer drohen­den Zahlungs­un­fä­hig­keit, sollte man aber die einfa­che Mehr­heit der Gesellschafter/Investoren genü­gen lassen. Das ist zwar ohne Voll­machts­re­ge­lung nicht „self-execu­ting“, doch schafft das zumin­dest Klar­heit bei den Spiel­re­geln.   Über Dr. Wolf­gang Weitnauer Dr. Wolf­gang Weit­nauer berät schwer­punkt­mä­ßig Beteiligungs­gesellschaften und junge Techno­logieunternehmen in allen recht­lichen Themen von Finanzierungs­runden und bei Verkaufs­trans­aktionen. Seine Schwer­punkte umfas­sen Gesell­schafts- und Handels­recht, Mergers & Acqui­si­ti­ons, Unter­neh­mens­fi­nan­zie­rung und –betei­li­gun­gen, Fonds­struk­tu­rie­rung und regu­la­to­ri­sche Fragen. wolfgang.weitnauer@weitnauer.net

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