Audibene plant unter der Marke hear.com IPO an der Nasdaq
Berlin — Der in Deutschland unter audibene bekannte Online-Hörgeräteanbieter hear.com steigt mit dem geplanten Börsengang nun endgültig in die erste Liga der internationalen TOP Online-Startups auf. Am 19. April wurde die Registrierung an die SEC (U.S. Securities and Exchange Commission) übermittelt. Das Papier „HCG“ von Hear.com soll damit an der Nasdaq gehandelt werden.
Audibene geht einen kleinen, für deutsche Unternehmen nicht ungewöhnlichen Umweg: Eingereicht hat die Unterlagen wegen der günstigeren börsenrechtlichen Bedingungen für einen IPO in den USA das niederländische Unternehmen und die gleichzeitige Marke hear.com N.V.
Vom Startup zum Börsenunternehmen
Berlin, Mainz, Miami, Denver, Toronto, Utrecht, Seoul, Guragon (Indien) und Kuala Lumpur: Es ist beeindruckend, was aus dem 2012 in der Hauptstadt gegründeten, ehemaligen Startup, das den „Hörgerätemarkt aufmischen“ wollte, geworden ist.
Nun knapp 10 Jahre später soll die Erfolgsstory durch einen Börsengang gekrönt werden. Zu den ersten Investoren zählen unter anderen keine geringeren als Morgen Stanley, J.P. Morgan, Deutsche Bank und Goldman Sachs. Die beiden erstgenannten handeln als Lead Book-Running Manager für das vorgeschlagene Angebot und als Vertreter sämtlicher Unterzeichner des vorgeschlagenen Angebotes.
Hear.com Zahlen und Fakten
Weltweit zählte hear.com zum Stichtag 30.9.2020 knapp 5.200 Partner-Unternehmen, davon 1.000 in Deutschland. 106.000 Hörgeräte wurden weltweit und ohne Berücksichtigung von Rücksendungen zu einem Durchschnittspreis von 1.426 € pro Hörgerät verkauft. — Daraus ergibt sich ein Umsatz von 151 Millionen Euro (+26% im Vergleich zu 2019 120 Mill. Euro). Insgesamt erwirtschaftete das Unternehmen einen Verlust in Höhe von 23,1 Millionen Euro (2019: 17,34 Mill. Euro). Für hear.com arbeiten über 1.500 MitarbeiterInnen, davon knapp 200 Tecs.
Entwicklung
Der Onlinehändler für Hörgeräte Audibene wurde 2015 an den Hörgerätehersteller Sivantos verkauft. Die zwei Gründer Paul Crusius und Marco Vietor blieben als Geschäftsführer an Bord. Als Teil der Transaktion erhalten beide Gründer, die vorher einen Mehrheitsanteil an Audibene hielten, Anteile an der Sivantos Group.
Die Risikokapitalgeber Acton Capital Partners und Sunstone Capital sowie eine unbekannte Anzahl von Business Angels wie der Entrepreneur Stephan Schubert hatten alle ihre Anteile an Sivantos verkauft. Auch Berliner Szene-Köpfe wie Project-A-Ventures-Chef Florian Heinemann, die Edarling-Gründer Lukas Brosseder und David Khalil sowie der frühere Marketing-Chef Zalandos, Oliver Roskopf, waren in das Startup investiert.
Investitionen für mehr Wachstum und Unabhängigkeit
Das Unternehmen möchte durch den Börsengang 100 Millionen US-Dollar einsammeln. Damit möchte man unter anderem Gesellschafterdarlehen an WS Audiology zurückzahlen, die zwischen 2021 und 2023 fällig werden. Außerdem soll eine geplante Restrukturierung auf stabile Beine gestellt, und der Rest für allgemeine Unternehmenszwecke, einschließlich der Finanzierung des weiteren Wachstums und der Umsetzung der Geschäftsstrategie eingesetzt werden. Auch weitere Akquisitionen sind angedacht.
In welche Bereiche konkret weiter investiert werden soll, bleibt offen. Aber gerade da wird es natürlich besonders spannend für die Monate nach dem Börsengang. Für Investoren jedoch dürfte die Erfolgsstory des Modells an sich und der weltweit zu erwartende, steigende, Bedarf und die sich daraus ergebenen Wachstumsprognosen im Allgemeinem Grund genug für ein Investment sein. Ob man sich dann auf die Themen Multichannel-Vertrieb (Online und klassischer Retail), Technologie (Online-Hörtests, Consumer Journey) oder Remote-Fitting stürzt, wird sicher zu lesen sein.