Aktuelle steuerliche (Nicht-)Entwicklungen bei Private Equity- und Venture Capital-Fonds
Die potentielle Gefahr der Substanzbesteuerung besteht im Wesentlichen bei den folgenden Sachverhalten: a) Einlagenrückgewähr bei EU-Kapitalgesellschaften, b) Einlagenrückgewähr bei Drittstaaten-Kapitalgesellschaften, c) Ausschüttungen aus Investmentfonds i.S.d. Investmentsteuergesetzes.
Das BZSt hat in den vergangenen Jahren einen für alle Anträge anzuwendenden Fragen- und Kriterienkatalog entwickelt, der vollständig zu erfüllen ist, um die beantragte Einlagenrückgewähr bescheinigt zu bekommen. Unter anderem sind hierin die Vorlage sämtlicher Kontoauszüge aller Gesellschafter der EU-Kapitalgesellschaft sowie sämtliche Beschlüsse des Managements etc. gefordert. Sofern die geforderten Nachweise jedoch nicht in hinreichendem Umfang erbracht werden können (die finale Beurteilung liegt in der Regel bei dem zuständigen Sachbearbeiter des BZSt), kann dies zu einer Nicht-Anerkennung der steuerneutralen Einlagenrückgewähr führen. In diesem Fall ist die erfolgte Ausschüttung aus der EU-Kapitalgesellschaft final als steuerpflichtige Dividende im Veranlagungsverfahren anzusetzen.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll eine steuerfreie Einlagenrückgewähr aus Drittstaaten-Kapitalgesellschaften (bspw. USA, Cayman Islands, Kanalinseln Guernsey bzw. Jersey oder Hongkong) grds. nicht möglich sein. Stattdessen sollen sämtliche Auszahlungen aus diesen Drittstaaten-Kapitalgesellschaften, d.h. auch Kapitalrückzahlungen als steuerpflichtige Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sein.
Mit Einführung des Investmentsteuergesetzes n.F. ab dem Jahr 2018 sind ausweislich des Gesetzeswortlautes sämtliche Kapitalinvestitionsgesellschaften i.S.d. § 19 InvStG a.F. als Investmentfonds i.S.d. InvStG n.F. zu klassifizieren. Einzelne Finanzämter bzw. Landesämter jedoch die Meinung, dass Kapitalgesellschaften nur als Investmentfonds qualifizieren, sofern diese bestimmte Kriterien des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) erfüllen.
Den Risiken der Besteuerung des eingesetzten Kapitals versuchen die Investoren seit einigen Jahren durch entsprechende Vereinbarungen in „side lettern“ mit dem jeweiligen Private Equity-Fonds entgegenzutreten. Etwa durch den Verkauf der blockenden Kapitalgesellschaften. Da der Verkauf einer HoldCo in der Praxis aber häufig ausscheidet, hat sich das Instrumentarium der Anteilsrücknahme bzw. share redemption im Markt etabliert. Aufgrund weiterhin bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Anerkennung einer steuerneutralen Einlagenrückgewähr, drängen insbesondere die deutschen Investoren in side lettern auf die Umsetzung entsprechender Strukturen, um eine schädliche Substanzbesteuerung zu vermeiden. Sofern derartige strukturelle Besonderheiten verhandelt werden, sollte in der Folge auch die Anzeigepflicht gemäß des zum 1.1.2020 in Kraft getretenen Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen („DAC 6“) beachtet werden. In diesen Fällen sind die strukturellen Berater der deutschen Investoren, die die entsprechenden side letter verhandeln, ebenso wie die deutschen Investoren selbst, meldepflichtig.
Neben den zahlreichen steuerlichen Frage- und Problemstellungen, bei denen die Finanzverwaltung beharrlich bei ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung bleibt und sich jeglicher Rechtsfortbildung verschließt, eröffnet sie, die Finanzverwaltung, zusammen mit dem Gesetzgeber an anderer Stelle unnötigerweise neue Spielfelder. Ohne Not wird eine jahrelang eingeschwungene und bewährte Praxis verlassen und auf den Kopf gestellt.
Dazu zählen die Umsatzsteuer auf Management Fees, die Aktivierung bzw. Nichtaktivierung von Fondsetablierungskosten, ferner die Infragestellung vermögensverwaltender Fondsstrukturen. Im Hinblick auf die Fondsstrukturen verspüren wir in jüngerer Zeit zum Beispiel eine zunehmende Tendenz seitens der Betriebsprüfung, selbst eindeutig und unstrittig nach den Kriterien des Fonds-Erlasses als vermögensverwaltend zu qualifizierende (deutsche) Strukturen in die „gewerbliche Ecke zu drängen“.
Über Dr. Christoph Ludwig
Christoph Ludwig kam direkt nach seinem BWL-Studium und seiner Assistentenzeit nebst Promotion an der Ludwig-Maximilian-Universität München zur Kanzlei BLL, wo er seit 1998 Partner ist. Er ist spezialisiert auf die laufende Betreuung nationaler und internationaler Private Equity- und Venture Capital-Fonds und die umfassende Beratung vermögender (Privat)Personen mit unternehmerischem Hintergrund. Das Leistungsspektrum im Private Equity-Bereich umfasst die Erstellung der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für inländische Strukturen sowie umfassender und kompletter gesonderter und einheitlicher Feststellungserklärungen für inländische Gesellschafter ausländischer Private Equity-Fonds einschließlich etwaiger AStG-Erklärungen.