Managerhaftung in Deutschland
Festzuhalten ist zunächst, dass Haftungstatbestände in überwiegender Zahl nur im Innenverhältnis zwischen der Gesellschaft und den haftenden Personen vorkommen, nur in Ausnahmefällen kommt es auch zu einer Haftung gegenüber Dritten wie Gläubigern oder Aktionären der Gesellschaft. Geschäftsleiter haben in jedem Fall – neben weiteren allgemeinen Pflichten – Legalitäts‑, Treue- und Überwachungspflichten zu beachten.
Hierzu gehören einerseits die innergesellschaftliche Pflichtenbindung (Beachtung von Gesetz/Gesellschaftsvertrag oder Satzung/Anstellungsvertrag/Geschäftsordnung) und andererseits die externe Pflichtenbindung („gute Absicht“ reicht nicht aus). Dass niemand einen „Griff in die Kasse“ tätigen oder sich anderweitig im Rahmen seiner Organstellung persönliche Vorteile verschaffen darf, sollte klar sein. Auch ist die Überwachung von Kollegen und untergeordneten Mitarbeitern essentiell, um Haftungstatbestände auszuschließen. Jede (zumindest weitreichende) unternehmerische Entscheidung, die der Geschäftsleiter trifft (z.B. Durchführung einer Due Diligence beim Unternehmenskauf (ja/nein) oder z.B. Abschluss eines langfristigen und kostspieleigen Mietvertrages) erfordert die gründliche Abwägung von Vor- und Nachteilen durch den Geschäftsleiter und eine entsprechende Dokumentation des Entscheidungsvorganges sowie der Gründe, die zu der Entscheidung führen. Dies alles sind immer wiederkehrend komplexe Vorgänge, die es stets zu beachten gilt.
In der Praxis zeigen sich – neben den öffentlichkeitswirksamen strafrechtlich relevanten Vergehen – besonders häufig Probleme im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen, Sprich Entscheidungen des täglichen Geschäftslebens, die nicht unter die Legalitätspflichten fallen. Mandanten treten öfters an uns heran, wenn es darum geht, zu klären, ob es notwendig ist, in ihrem Unternehmen ein Compliance-System zu implementieren, wie ausführlich Due-Diligence Prüfungen im Rahmen von Unternehmenskäufen zu erfolgen haben, oder ob sie einen Unternehmenskauf durchführen dürfen, auch wenn wir als externe Berater veritable Risiken aufgedeckt haben. Denn die Rateinholung durch Dritte kann unter bestimmten Umständen eine persönliche Haftung des Geschäftsleiters entfallen lassen, sie entbindet ihn aber nicht davon, eine eigene Entscheidung nach Abwägung aller Vor- und Nachteile zu treffen.
Die Regelungen der aus dem US-amerikanischen abgeleiteten ‚Business Judgement Rule’, die mittlerweile in § 93 AktG kodifiziert wurden und auch für Geschäftsführer der GmbH gelten, können bei ihrer Beachtung zu einer Enthaftung des handelnden Geschäftsleiters führen. Die wesentlichen Voraussetzungen, unter denen eine Anwendung der Regelungen der Business Judgement Rule geben kann, sind (i) das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung (keine unter die Legalitätspflicht fallende Entscheidung!), (ii) gutgläubiges Handeln des betroffenen Geschäftsleiters, (iii) das Treffen einer unternehmerischen Entscheidung ohne sachfremde- oder Eigeninteressen sowie (iv) grundsätzliches Handeln zum Wohle des Unternehmens und (v) Handeln auf angemessener Informationsgrundlage.
Diese Kategorien geben jeweils einen breiten Strauß an „Stolperfallen“ her und Geschäftsleiter müssen zunehmend lernen, damit umzugehen. Zum Schluss sei noch erwähnt und jedem Geschäftsleiter dringend empfohlen, dass jeder seiner (weitreichenden) Entscheidungswege dokumentiert werden muss, denn er ist im Falle eines gegen ihn erhobenen Anspruchs beweispflichtig (Stichwort: Beweislastumkehr). Einen solchen Beweis wird er nur führen können, wenn er zurückliegende Details, die zu einer unternehmerischen Entscheidung geführt haben, dokumentiert hat.