Novelle der Investitionskontrolle — Neue Herausforderungen für die M&A‑Praxis
Die Anzahl der meldepflichtigen Sektoren wird von bisher 11 auf nunmehr 27 ausgeweitet. Dies betrifft Bereiche wie künstliche Intelligenz, Robotik, Cybersicherheit, Halbleiter, Luft- und Raumfahrt, Quantentechnologie, kritische Rohstoffe etc. Die sektorspezifische Investitionskontrolle wird ebenfalls ausgeweitet. Eine Meldepflicht besteht nun insbesondere auch bei Beteiligungen an Unternehmen, deren Güter der Exportkontrolle unterliegen.
Zudem führt die Novelle Schwellenwerte für das Aufstocken bestehender Beteiligungen ein. So kann zum Beispiel die Aufstockung einer bereits freigegebenen Beteiligung auf 25 %, 40 %, 50 % oder 75 % einer erneuten Meldepflicht unterliegen. Konzerninterne Umstrukturierungen sind nur unter sehr engen Voraussetzungen von einer Meldepflicht ausgenommen. Schließlich soll das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bei „atypischen Kontrollerwerben“ unterhalb der Schwellenwerte ein Prüfverfahren von Amts wegen einleiten können.
Zu begrüßen ist, dass der Verordnungsgeber die neuen Sektoren teilweise deutlich enger fasst, als dies unter der EU-Screening-Verordnung der Fall ist. Zudem wurde der Schwellenwert (20 % der Stimmrechte) höher festgesetzt als ursprünglich vorgesehen, um insbesondere Start-ups und Finanzinvestoren zu entlasten.
Erste Voraussetzung ist, dass der (unmittelbare oder mittelbare) Erwerber unionsfremd ist, d. h. von außerhalb der EU oder EFTA kommt. Für die sektorspezifische Investitionskontrolle reicht es allerdings, wenn der Erwerber nicht aus Deutschland kommt. Als zweite Voraussetzung muss das deutsche Zielunternehmen in einem erfassten Sektor tätig sein.
Drittens muss die Beteiligung einen bestimmten Schwellenwert erreichen. In einigen Sektoren wird eine Meldepflicht bei einem Erwerb von mindestens 10 % der Stimmrechte ausgelöst, zum Beispiel kritische Infrastrukturen und den Bereichen der sektorspezifischen Investitionskontrolle. In anderen Sektoren gilt ein höherer Schwellenwert von 20 %, wie zum Beispiel in den nun neu eingeführten Sektoren.
Wichtige Herausforderungen betreffen die Prüfung von Meldepflichten, zeitliche Auswirkungen und eventuell materielle Risiken.
Meldepflichtige Erwerbe unterliegen einem Vollzugsverbot. Solche Transaktionen dürfen erst nach Freigabe durch das BMWi vollzogen werden. Andernfalls drohen die Unwirksamkeit der Transaktion und sogar straf- und bußgeldrechtliche Sanktionen. Daher sollte man sich die Ansässigkeit des (unmittelbaren oder mittelbaren) Erwerbers und das Tätigkeitsgebiet des Zielunternehmens vorher genau anschauen. Bei Transaktionen mit internationalem Bezug ist zu beachten, dass immer mehr Staaten Investitionskontroll-Regime einführen oder bereits eingeführt haben. Besteht eine Meldepflicht oder ein Risiko einer Prüfung von Amts wegen, sollte dies im Zeitplan Berücksichtigung finden. Die Verfahren können sehr lange dauern. Die vorgeschaltete Prüfung bis zu zwei Monate und das eigentliche Prüfverfahren vier Monate oder länger.
Falls die Transaktion auf Bedenken der Bundesregierung stoßen könnte, sollten sich die Parteien vorab Gedanken machen, wie damit umgegangen werden soll. Die Bundesregierung legt ihre Sicherheitsinteressen mitunter weit aus. Zum Beispiel geht es hier auch um technologische Souveränität. Untersagungen sind allerdings bisher selten. Häufiger gibt das BMWi nur unter der Bedingung frei, dass bestimmte Verpflichtungen eingegangen werden. Es kann ratsam sein, bereits im Kaufvertrag zu regeln, ob und inwieweit der Käufer hierzu verpflichtet sein soll.
Über Daniel Wiedmann
Daniel Wiedmann ist Associated Partner im Frankfurter Büro von POELLATH. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist neben dem Kartellrecht (insbesondere Fusionskontrolle) die Investitionskontrolle. Er vertritt regelmäßig Unternehmen gegenüber dem BMWi, auch in vertieften Prüfverfahren. Im Rahmen der Konsultationen zur 17. AWV-Novelle hat er den Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften bei Stellungnahmen und Anhörungen unterstützt.