9. November 2011
Im August dieses Jahres hat der Bundesfinanzhof (BFH) über die steuerliche Qualifikation der Tätigkeit eines Private Equity-Fonds als private Vermögensverwaltung oder Gewerbebetrieb Stellung genommen (Urteil vom 24. August 2011, IR 46/10).
Dazu 3 Fragen an Partner im Bereich Private Equity/M&A, White & Case (Büro München)
1. Welche Merkmale/Indizien galten für die Abgrenzung einer gewerblichen und vermögensverwaltenden Tätigkeit eines Private Equity-Fonds vor dem Urteil des BFH?
Die Frage, ob ein Private Equity-Fonds vermögensverwaltend oder gewerblich tätig wird, wurde durch die Finanzverwaltung in den letzten Jahren bundeseinheitlich nach den im Schreiben des BMF vom 16. Dezember 2003 (BStBl I 2004, 40) bundesweit einheitlich nach darin festgelegten Kriterien beurteilt. Ein Private Equity-Fonds war danach typischerweise dann vermögensverwaltend tätig, wenn (i) die Beteiligungen im Wesentlichen aus Eigenmitteln finanziert wurden, (ii) die Verwaltung des Fonds keine umfangreiche Organisation erforderte, (iii) der Fonds sich keines Marktes bediente und nicht auf fremde Rechnung unter Einsatz beruflicher Erfahrung tätig wurde, (iv) der Fonds-Beteiligungen nicht einer breiteren Öffentlichkeit anbot oder auf fremde Rechnung handelte, (v) der Fonds die Beteiligungen mindestens mittelfristig für drei bis fünf Jahre hielt, (vi) der Fonds die erzielten Veräußerungserlöse nicht reinvestierte, sondern ausschüttete und (vii) der Fonds sich nicht aktiv am Management der Zielunternehmen beteiligte.
2. Worin besteht der Kern der BFH-Entscheidung?
Der BFH stellt zunächst klar, dass sich die Frage, ob ein Private Equity Fonds in Gestalt einer (hier ausländischen) Personengesellschaft vermögensverwaltend oder aber gewerblich tätig wird, nach denselben Abgrenzungskriterien wie bei vergleichbaren Inlandsgesellschaften, insbesondere zum Wertpapierhandel richtet. Danach überschreitet die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nur dann die Grenze zur gewerblichen Tätigkeit, wenn sich der Steuerpflichtige „wie ein Händler“ verhält, d.h. für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen „an den Tag legt“. Für Venture Capital und Private Equity-Fonds hingegen galten bisher die speziell von der Finanzverwaltung konturierten, oben angesprochenen Grundsätze.
Zugegebener Maßen hat der BFH in dem entschiedenen Fall auch keinen Anlass dazu, aber interessant ist, dass er in seinem Urteil außer einer Auflistung der BMF-Grundsätze keine bestätigenden Worte zu den BMF-Grundsätzen zur Abgrenzung von gewerblicher Tätigkeit und vermögensverwaltender Tätigkeit von Private Equity-Fonds gefunden hat.
Im Gegenteil: Nach dem Urteil des BFH besteht im Vergleich zur Zeit vor dem Urteil nun Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Frage, was die Tätigkeit von Private Equity-Fonds konkret „gewerblich“ und was „vermögensverwaltend“ werden lässt. Denn der BFH äußert zumindest Zweifel an den oben in Frage 1 angesprochenen, in dem BMF-Schreiben aus dem Jahr 2003 aufgeführten Merkmalen, bei deren Vorliegen nach Auffassung der Finanzverwaltung, eine vermögensverwaltende Tätigkeit von Private Equity Fonds typischerweise gegeben sein sollte. Auch bei Vorliegen aller von der Finanzverwaltung verfassten und auf deutsche und ausländische Private Equity-Fonds angewandten Kriterien gibt es nach Auffassung des BFH offensichtlich Fälle, die trotzdem für eine „gewerbliche Tätigkeit“ qualifizieren. Seine Zweifel an den Kriterien der Finanzverwaltung macht der BFH zudem deutlich, indem er die von der Finanzverwaltung als konturierte Grundsätze angewandten Merkmale als “in Richtung einer Vermögensverwaltung tendierenden Merkmale” klassifiziert. Näheres hierzu führt der BFH nicht aus.
3. Welche Relevanz und Folgen hat das BFH-Urteil Ihrer Meinung nach für die Private Equity-Branche?
Aus dem Urteil des BFH lässt sich nicht entnehmen, welche rechtliche Zweifel an der bisherigen, durch das BMF-Schreiben gestützten Praxis der Finanzverwaltung zur steuerlichen Qualifikation der Tätigkeit von Private Equity-Fonds bestehen. Dass der BFH jedoch Zweifel an den von der Finanzverwaltung aufgestellten Kriterien hat, wird aus dem Urteil deutlich. Insofern führt das Urteil des BFH zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Es ist somit notwendig, die Kriterien der Finanzverwaltung zur Charakterisierung von vermögensverwaltender Tätigkeit, die nach Ansicht des BFH maximal eine Tendenzwirkung zukommt, zu schärfen. Es wäre wünschenswert, dass die Finanzverwaltung zu den Aussagen des BFH kurzfristig Stellung nimmt. Vor allem aber ist der Gesetzgeber mehr denn je gefordert, eine Regelung zur steuerlichen Qualifikation der Private Equity Fonds-Tätigkeit zu treffen, um Rechtssicherheit zu schaffen