ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Florian Schmitt

Vom Familienunternehmen zur Holding mit Family Office

Dazu 3 Fragen an Florian Schmitt

VBG Invest AG
Foto: Florian Schmitt
7. Septem­ber 2022

Die Zahl der Family Offices steigt in Deutsch­land. Diese betei­li­gen sich viel­fach wieder an ande­ren Unter­neh­men. Wie Holding und Family Office unter einem Dach funk­tio­nie­ren kann, dazu 3 Fragen an Florian Schmitt


Dazu 3 Fragen an Florian Schmitt, Spre­cher des Vorstands der VBG Invest AG mit Sitz in Mainz

1. Sie leiten mit Ihrem Cousin die unter­neh­me­ri­schen Gesamt­ak­ti­vi­tä­ten Ihrer Holding, die u.a. zwei mittel­stän­di­sche Unter­neh­men beinhal­tet, als eine Form von inha­ber­ge­führ­tem Family Office. Wie fing das denn an?
Der Beginn unse­rer Entwick­lung zu einem inha­ber­ge­führ­ten Family Office (FO) entspricht einer wohl sehr typi­schen Ausgangs­si­tua­tion: Die bis dato nahezu ausschließ­lich eigen­ge­werb­li­chen Akti­vi­tä­ten unse­rer Gruppe wurden vor über 20 Jahren durch den Rück­zug aus dem Elek­tro­groß­han­del signi­fi­kant redu­ziert, und aus einer mittel­stän­di­schen Unter­neh­mens­gruppe mit 750 Mitar­bei­tern wurde eine unter­neh­me­risch geprägte Vermö­gens­ver­wal­tung mit heute ca. 150 Mitar­bei­tern. Die seiner­zei­tige Zäsur wurde genutzt, um die Diver­si­fi­ka­tion in andere Asset-Klas­sen voran­zu­trei­ben, ohne dabei jedoch den eigen­ge­werb­li­chen Bereich komplett aufzu­ge­ben, was den für ein Family Office vergleichs­weise hohen Head­count erklärt. So gehö­ren zu unsrem Port­fo­lio bis heute zwei mittel­stän­di­sche Unter­neh­men im Bereich des Gastro­no­mie-Groß­han­dels und als Spezi­al­dienst­leis­ter im Bereich Metall­ver­ar­bei­tung. Insge­samt weist unsere heutige Aufstel­lung jedoch eine klar vermö­gens­ver­wal­tende Ausrich­tung auf, die in der mitt­ler­weile drit­ten Gene­ra­tion von zwei Vertre­tern der Grün­der­fa­mi­lie geführt wird. Unser Fokus und unsere Schwer­punkte rich­ten sich nach den Erfor­der­nis­sen und Möglich­kei­ten der jewei­li­gen Zeit. Aktu­ell weist unser aktu­el­les Gesamt-Port­fo­lio daher — nicht zuletzt aufgrund der Zins­ent­wick­lung der vergan­ge­nen 10 Jahre — einen klaren Schwer­punkt im Bereich Immo­bi­lien auf. Unsere heutige Struk­tur ist damit sicher­lich hete­ro­ge­ner als die ande­rer FOs, indem sie in ihre vermö­gens­ver­wal­tende Struk­tur eigen­ge­werb­li­che Akti­vi­tä­ten inte­griert. Diese Aufstel­lung weist Chan­cen und Risi­ken glei­cher­ma­ßen auf. Im Ideal­fall gelingt es, das Beste aus beiden Welten mitein­an­der zu kombi­nie­ren: Im vermö­gens­ver­wal­ten­den Bereich akzep­tie­ren wir, nicht mehr zwangs­läu­fig im Driver Seat zu sitzen, ohne aber unse­ren unter­neh­me­ri­schen Spirit komplett aufzu­ge­ben. Auf Sonder­si­tua­tio­nen können wir somit rascher reagie­ren und Oppor­tu­ni­tä­ten flexi­bler nutzen als stär­ker regu­lierte insti­tu­tio­nelle Markt­teil­neh­mer. Auf der ande­ren Seite bewah­ren wir uns einen kriti­sche­ren Blick auf unsere eigen­ge­werb­li­chen Akti­vi­tä­ten als andere in dem Bewusst­sein, dass es sich dabei ledig­lich um einen von mehre­ren Baustei­nen des Gesamt­port­fo­lios handelt, der sich im nüch­ter­nen Vergleich mit ande­ren Berei­chen und Asset-Klas­sen zu bewäh­ren hat. Die opti­male Nutzung dieser erwei­ter­ten Möglich­kei­ten stellt das Manage­ment eines solchen viel­ge­stal­ti­gen Port­fo­lios vor beson­dere Heraus­for­de­run­gen. Dabei stellt sich zuvor­derst die Frage, ob diese Heraus­for­de­run­gen sinn­vol­ler­weise von der Inha­ber­fa­mi­lie selbst geschul­tert werden oder auf externe Dienst­leis­ter zurück­ge­grif­fen werden soll. Diese Frage kann nur indi­vi­du­ell und am konkre­ten Fall beant­wor­tet werden. Bekannt­lich ist nicht jeder Voll­blut-Unter­neh­mer auto­ma­tisch auch ein guter Vermö­gens­ver­wal­ter, so wie nicht jeder gute Bera­ter auto­ma­tisch als Unter­neh­mer reüs­siert. Grund­vor­aus­set­zung für eine inha­ber­ge­führte Struk­tur ist selbst­re­dend, dass das erfor­der­li­che Mindest­maß an wirt­schaft­li­chem, steu­er­li­chem und recht­li­chem Know-How aus dem Kreis der Fami­li­en­ge­sell­schaf­ter selbst bereit­ge­stellt werden kann – und das im Zwei­fel mehr­fach und über mehrere Gene­ra­tio­nen hinweg. Jede Fami­lie ist daher gut bera­ten, ihre Talente pfleg­lich zu behan­deln und früh­zei­tig für fami­liäre Wirt­schafts­the­men zu inter­es­sie­ren. Umge­kehrt, d.h. wenn die inter­nen „Human Resour­ces“ auf lange Sicht nicht mehr gege­ben sind, erwächst hier­aus der expli­zite Hand­lungs­auf­trag, die Verwal­tungs­struk­tu­ren auf eine Einbin­dung Drit­ter vorzu­be­rei­ten. Die persön­li­che Eignung einzel­ner Fami­li­en­ver­tre­ter nützt indes­sen wenig, sofern nicht gleich­zei­tig ein entspre­chen­des Vertrauen der übri­gen  Gesell­schaf­ter gegen­über den handeln­den Perso­nen vorhan­den ist. Erst in der Kombi­na­tion diese beiden Voraus­set­zun­gen erwei­sen sich Fami­li­en­bande als die verläss­li­chere und erfolg­rei­chere „skin in the game“, als es eine rein finan­zi­elle Betei­li­gung exter­ner Drit­ter zu bewir­ken vermag. Dann lassen sich die viel­be­schwo­re­nen stil­len Reser­ven fami­li­en­un­ter­neh­me­ri­scher Struk­tu­ren tatsäch­lich heben.
2. Worauf kommt es an beim Eigen-Manage­ment eines nicht gerade klei­nen Family Offices? Wie sieht Ihre Stra­te­gie aus?
In der Führung des FO darf „inha­ber­ge­führt“ keines­falls als „alles selbst machen“ miss­ver­stan­den werden. Viel­mehr muss bewußt die Schnitt­stelle defi­niert werden zwischen den origi­nä­ren Aufga­ben der akti­ven Inha­ber einer­seits und extern hinzu­ge­zo­ge­nem Know-How ande­rer­seits. Denn mit der Verbrei­te­rung des Anla­ge­ho­ri­zonts erhöht sich zwangs­läu­fig die Anzahl der paral­lel zu bespie­len­den play­ing fields, was nach einer „Dezen­tra­li­sie­rung“ des zu verar­bei­ten­den Infor­ma­ti­ons­um­fangs verlangt. Konse­quen­tes „Time Manage­ment“ erweist sich hier als erste Kardi­nal­tu­gend des „Asset Manage­ment“, die das stete Hinter­fra­gen und ggfs. Anpas­sen der jeweils aktu­el­len Prio­ri­tä­ten erfor­dert. Gelingt dies nicht, wird der Zufall des ereig­nis­be­stimm­ten Tages­ge­schäfts zum eigent­li­chen Takt­ge­ber von Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen und damit zum Gegen­teil einer stra­te­gi­schen Asset Allo­ca­tion. Denn selbst­ver­ständ­lich hat die gerin­gere Größe auch Nach­teile: Auf die im Rahmen von Anlage-Entschei­dun­gen zu berück­sich­ti­gen­den, immer anspruchs­vol­le­ren makro- und mikro­öko­no­mi­schen Fragen müssen inha­ber­ge­führte FOs genauso Antwor­ten finden wie insti­tu­tio­nelle Kapi­tal­sam­mel­stel­len mit ihren erheb­li­chen Ressour­cen im Rese­arch. Die intel­li­gente und effek­tive Nutzung exter­ner Infor­ma­ti­ons­quel­len bei gleich­zei­ti­ger Berück­sich­ti­gung der Kosten­seite gehört damit eben­falls zum Kern der Aufga­ben­stel­lung. Gelingt all dies, besteht die Chance, die Vorteile einer Inha­ber-Struk­tur in ein Upside der Vermö­gens­ent­wick­lung im wört­li­chen Sinne „umzu­mün­zen“. Schnelle Entschei­dungs­wege, gerin­gere Regu­la­to­rik, Vertrauen seitens der Stake­hol­der-Seite, hohe Iden­ti­fi­ka­tion der Prin­ci­pals bieten zudem ein geeig­ne­tes Setting für ein Denken out of the box. Gerade gegen­über der Vermö­gens­ver­wal­tungs-Bran­che mit ihrem laten­ten Hang zur „Pseudo-Akade­mi­sie­rung“ ist dies durch­aus von Nutzen. Das Thema ESG, dessen Entwick­lung und Umset­zung aus unse­rer Sicht kritisch zu betrach­ten sind, ist ein aktu­el­les Beispiel für die Notwen­dig­keit geis­ti­ger Unabhängigkeit.
3. Was sind dabei die größ­ten Heraus­for­de­run­gen aktuell?
Wie wohl die meis­ten Markt­teil­neh­mer nehmen auch wir eine sich verste­ti­gende Insta­bi­li­tät der äuße­ren Rahmen­be­din­gun­gen wahr, die die Aufgabe, Vermö­gen zu erhal­ten und am besten noch zu vermeh­ren, nicht erleich­tert. Denn Plan­bar­keit stellt eine tragen­des Element jeder Vermö­gens­ver­wal­tung dar. Wenn diese Insta­bi­li­tät aber das neue “Normal” darstellt, müssen wir dies akzep­tie­ren und damit auch aner­ken­nen, dass diese Desta­bi­li­sie­rung letzt­lich eine Kehr­seite der Globa­li­sie­rung abbil­det, von der wir in der Vergan­gen­heit alle profi­tiert haben und hoffent­lich künf­tig profi­tie­ren werden. Begriffe wie „disrup­tiv“ und diverse „New Theo­ries“ beschrei­ben da eher das Dilemma, als dass sie Lösungs­an­sätze präsen­tie­ren. Die Anpas­sung des Risi­ko­ma­nage­ments im Sinne einer noch sorg­fäl­ti­ge­ren Diver­si­fi­ka­tion und Kombi­na­tion möglichst unkor­re­lier­ter Assets bleibt das Mittel der Wahl, wenn zuneh­mend auf Sicht gefah­ren werden muss. Die aufzie­hende Infla­tion trägt das ihre dazu bei, die Aufga­ben­stel­lung anspruchs­voll zu halten. Hier wird es darauf ankom­men, die Flucht in Sach­werte nicht Hals über Kopf anzu­tre­ten, sondern unge­ach­tet der schmerz­li­chen Geld­ent­wer­tung ausrei­chende Liqui­di­tät vorzu­hal­ten, um dem Erfor­der­nis der Absi­che­rung Rech­nung zu tragen als auch Oppor­tu­ni­tä­ten in einem schwie­ri­ge­ren (Re-)finanzierungsumfeld kurz­fris­tig ausnut­zen zu können. Und am Ende gilt trotz allem, sich auch in einem stetig wandeln­den Umfeld den offe­nen Blick für Neues zu bewah­ren.   Über Florian Schmitt Florian Schmitt war 13 Jahre lang in München als Rechts­an­walt und Steu­er­be­ra­ter tätig, die letz­ten sieben Jahre davon für die Kanz­lei Braun Leber­fin­ger Ludwig mit dem Schwer­punkt auf der Bera­tung von Unter­neh­mer­fa­mi­lien. Er leitet heute in drit­ter Gene­ra­tion als Spre­cher des Vorstands zusam­men mit seinem Cousin die Holding­ge­sell­schaft, in der die unter­neh­me­ri­schen Akti­vi­tä­ten der Fami­lie zusam­men gefaßt sind. fschmitt@sldv.de  

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