Wandeldarlehen im Aufschwung
LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB
Weitere Interviews
12. April 2023
1. Wie erklärt sich die zunehmende Beliebtheit von Wandeldarlehen in der heutigen Zeit?
Wandeldarlehen sind seit jeher beliebt, um in frühen Phasen des Unternehmens schwierige Bewertungsdiskussionen zu vermeiden oder kurzfristig den Finanzierungsbedarf bis zu einer größeren Finanzierungsrunde zu überbrücken. In Zeiten hoher Bewertungsvolatilität und schwierigen äußeren Umständen verwundert es daher nicht, dass Unternehmen sehr gerne interne und auch externe Finanzierungen über Wandeldarlehen suchen, um einerseits Transaktionskosten zu sparen, andererseits aber auch äußere Anzeichen einer aktuellen Bewertungszurückhaltung zu vermeiden versuchen. Dabei sind Wandeldarlehen darauf ausgerichtet, bei späterer Gelegenheit vollständig in Eigenkapital gewandelt zu werden, das heißt, sie enthalten das Recht oder die Pflicht, für die Ansprüche aus dem Darlehen bei einer Kapitalerhöhung Geschäftsanteile an der Gesellschaft zu zeichnen.
Sie unterscheiden sich dadurch von Venture Debt, einer Kreditfinanzierung für junge Unternehmen, die sich in frühen Phasen noch nicht bei einer Bank finanzieren können mangels Sicherheiten. Bei Venture Debt verwässern die Bestandsgesellschafter im Gegensatz zu Wandeldarlehen nicht oder kaum. Kaum, weil viele der Venture Debt-Verträge einen sogenannten Warrant enthalten, der für einen Teil des Darlehens ein Wandlungsrecht enthält oder zumindest wirtschaftlich einem Wandeldarlehen nachgebildet ist. Venture Debt-Verträge werden gerne von Unternehmen gewählt, die mit stark steigenden Bewertungen rechnen, die oberhalb der Verzinsung des Venture Debt liegen.
2. Welche formellen Voraussetzungen hat ein Wandeldarlehen?
Wandeldarlehen sind nach richtiger Auffassung nicht beurkundungspflichtig. Jedenfalls nicht, wenn sie mit allen Gesellschaftern abgeschlossen werden. Eine etwaige Wandlungspflicht wird dann als reine Stimmbindung der Gesellschafter ausgestaltet, welche formfrei möglich ist. Rein bilateral mit der Gesellschaft abgeschlossene Wandeldarlehen mit Wandlungspflicht stehen aktuell in der Diskussion, notariell beglaubigungs- oder gar beurkundungspflichtig zu sein. Wir raten daher zur ersteren Gestaltungsvariante.
Trotz im Web vorhandener Vertragsmuster ist zur professionellen Unterstützung beim Abschluss von Wandeldarlehen zu raten. Nicht nur muss der Wandlungsmechanismus sauber geregelt sein. Auch Situationen, in denen das Darlehen gewandelt werden soll, ob etwa nur eine Seite berechtigt sein soll oder beide oder auch, ob es Wandlungspflichten geben soll, bedürfen zur Streitvermeidung einer klaren Regelung. Darüber hinaus können in Wandeldarlehen Vereinbarungen aufgenommen werden, die sonst eher für Eigenkapital-Finanzierungsrunden typisch sind, wie Informations- oder gar Vetorechte.
3. Was geschieht mit einem Wandeldarlehen, wenn das Unternehmen verkauft werden soll?
Enthält der Vertrag keine Regelung zum Unternehmensverkauf, läuft er grundsätzlich weiter. Das entspricht in der Regel aber nicht dem Interesse der Parteien. Daher sollte dieser Fall eindeutig geregelt sein. In Betracht kommt ein Kündigungsrecht mit Rückzahlung, auch mit einem Bonus, einem sogenannten Exit-Kicker. Möglich wäre aber auch die vorherige Wandlung, dann ist zu klären, zu welcher Bewertung. In der Regel wird der Investor an einem erfolgreichen Exit partizipieren wollen, so dass entweder ein Discount oder eine Maximalbewertung festgelegt wird. Auf diese Weise kann sich der Investor die gleiche Chance sichern, als hätte er sich von vornherein am Eigenkapital des Unternehmens beteiligt.
Über Björn Weidehaas
Björn Weidehaas berät Family Offices, Fonds, Business Angels und Start-ups ganzheitlich während der Finanzierungsphasen sowie Unternehmen während Restrukturierungen und im Insolvenzrecht. Als Diplom-Kaufmann versteht er die komplexen wirtschaftlichen Interessen seiner Mandanten.
weidehaas@lutzabel.com