ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Jochen Reis

Die Rolle der Financial Due Diligence im Small und Mid Cap-Bereich

Dazu 3 Fragen an Jochen Reis

Rödl & Part­ner in Eschborn
Foto: Jochen Reis
27. Februar 2024

Beim Kauf / Verkauf eines Unter­neh­mens geht es darum, die Attrak­ti­vi­tät und die wirt­schaft­li­che Trag­fä­hig­keit des Geschäfts­mo­dells zu bewer­ten. Dazu muss die Unter­neh­mens­stra­te­gie und die aktu­el­len Markt­si­tua­tion einbe­zo­gen werden, sowie die grund­sätz­li­che Reali­sier­bar­keit des jewei­li­gen Busi­ness Plans. Viele Zahlen müssen dabei genau oder neu evalu­iert werden. Zu der Bewer­tung von poten­ti­el­len Risi­ken und insbe­son­dere den Zahlen.


Dazu 3 Fragen an Jochen Reis, Part­ner, Leiter Tran­sac­tion & Valua­tion Services bei Rödl & Part­ner in Eschborn

1. Wie wich­tig ist die Iden­ti­fi­zie­rung und Bewer­tung von Risi­ken für poten­zi­elle Inves­to­ren im Small- und Mid-Cap-Sektor, und wie unter­stützt die Finan­cial Due Dili­gence diesen Prozess?
Grund­sätz­lich ist die Iden­ti­fi­zie­rung und Bewer­tung von Risi­ken in jeder Trans­ak­tion und in jedem Segment sehr wich­tig, um nega­tive Über­ra­schun­gen für den Käufer zu vermei­den. Im Small- und Mid-Cap Sektor gibt es jedoch Beson­der­hei­ten, die zu es berück­sich­ti­gen gilt. Während Trans­ak­tio­nen im Large Cap Segment in den meis­ten Fällen auf geprüf­ten Jahres-Abschlüs­sen und  einer granu­la­ren Zahlen-Basis basie­ren, trifft man im Small und Mid-Cap oftmals auf eine mangel­hafte, nicht sehr detail­lierte Zahlen-Basis und teil­weise auf unge­prüfte Jahres-Abschlüsse. Aus diesen Grün­den gilt es im Rahmen der Finan­cial Due Dili­gence einen beson­de­ren Blick auf die Zahlen zu werfen. Steu­er­li­che Opti­mie­run­gen (z.B. durch zu Unrecht abge­wer­tete Vorräte oder gebil­dete Rück­stel­lun­gen) müssen verstan­den werden, um die tatsäch­li­che Profi­ta­bi­li­tät des zu kaufen­den Unter­neh­mens zu ermit­teln. Mangelnde oder nicht vorhan­dene Control­ling Instru­mente erlau­ben oftmals nicht auf den ersten Blick zu erken­nen mit welchen Produk­ten / Leis­tun­gen Gewinn bzw. Cash Flow erzielt wird. Dazu bedarfs es häufig, sich tiefer in die vorhan­de­nen Zahlen einzu­gra­ben und mit Hilfe von Annah­men eine indi­ka­tive Sicht zu ermit­teln. Neben den Unzu­läng­lich­kei­ten bei den Zahlen spie­len aber auch noch andere Aspekte bei der Finan­cial Due Dili­gence im Small und Mid-Cap Segment eine Rolle, damit die Trans­ak­tion am Ende erfolg­reich umge­setzt werden kann. Es beginnt häufig damit, dass es für Bera­ter hilf­reich ist, die glei­che Spra­che wie die des Geschäfts­füh­ren­den Gesell­schaf­ters auf der Verkäu­fer­seite zu spre­chen. Mit glei­cher Spra­che ist sowohl die deut­sche Spra­che als auch eine inhalt­li­che Sprach­fä­hig­keit gemeint, die wir durch einen vergleichs­weise hohen Einsatz  von sehr erfah­re­nen Team-Mitglie­dern sicher­stel­len. Nicht zuletzt geht es auch darum, den Verkäu­fer und seine Situa­tion zu verste­hen aber auch gleich­zei­tig darum alle Infor­ma­tio­nen zu bekom­men, die für eine Due Dili­gence notwen­dig sind.
2. Können Sie Beispiele für typi­sche Erkennt­nisse aus Finan­cial Due Dili­gence-Projek­ten bei Small- und Mid-Cap Trans­ak­tio­nen nennen, die für poten­zi­elle Inves­to­ren beson­ders wich­tig sind?
Wie schon erwähnt sind steu­er­li­che Opti­mie­run­gen oftmals anzu­tref­fen. Dazu werden teil­weise im Über­trie­be­nen Maße Vorräte abge­wer­tet oder Rück­stel­lun­gen gebil­det. Oftmals werden auch im entschei­den­den Bewer­tungs­jahr  Accoun­ting Metho­den verän­dert, um den Kauf­preis nach oben zu trei­ben. All diese Effekte müssen im Rahmen der Due Dili­gence detail­liert verstan­den werden, um eine Sicht auf die nach­hal­tige Profi­ta­bi­li­tät zu entwi­ckeln. Weitere typi­sche Erkennt­nisse bei Small- und Mid-Cap Trans­ak­tio­nen sind oftmals die Verqui­ckung von priva­ten und geschäft­li­chen Sach­ver­hal­ten. Wir haben es mehr­fach erlebt, dass eigent­lich für private Zwecke ange­fal­lene Aufwen­dun­gen in der Gewinn- und Verlust­rech­nung des Unter­neh­mens zu finden sind. Teil­weise werden auch nahe­ste­hen­den Perso­nen bezahlt, die aber nicht (mehr) die volle Leis­tung für das Unter­neh­men erbrin­gen.  Wir haben auch schon diverse Vermö­gens­ge­gen­stände in der Bilanz gefun­den, die defi­ni­tiv nicht zum Geschäfts­zweck und Unter­neh­men gehö­ren. Diese gesamte Verqui­ckung von privat und geschäft­lich muss sauber getrennt und vor dem Voll­zug der Trans­ak­tion elimi­niert werden.
3. Welche Trends sehen Sie hier in der Zukunft?
Ein Trend, der auch schon etwas länger anhält ist die buy and build Stra­te­gie, in der ein Nukleus als Platt­form-Invest­ment gekauft wird und anschlie­ßend über (teils klei­nere) Zukäufe zu einer größe­ren Gruppe ausge­baut werden. Diesen Trend sehe ich nach vorne gerich­tet auch als den Trend im Small- und Mid-Cap Segment an. Finan­zie­run­gen sind teil­weise leich­ter als bei Large-Cap Trans­ak­tio­nen und auch Kauf­preis-Erwar­tun­gen sind vergleichs­weise realis­ti­scher als im Large-Cap Segment. Ich vermute, dass es noch das Jahr 2024 braucht bis die Verkaufs­preis-Vorstel­lun­gen in allen Segmen­ten wieder stär­ker der Reali­tät entspre­chen.   Über Jochen Reis Jochen Reis ist Part­ner bei Rödl & Part­ner und leitet seit rund 10 Jahre am Stand­ort Esch­born die Trans­ak­ti­ons­be­ra­tung. Das Team am Stand­ort umfasst mehr als 20 Trans­ak­ti­ons-Spezia­lis­ten mit dem Fokus auf Small- und Mid-Cap Trans­ak­tio­nen (ca. 120 Projekte im vergan­ge­nen Jahr). Zu den Mandan­ten gehö­ren sowohl Finanz­in­ves­to­ren als auch Corpo­ra­tes, die primär im Mittel­stand im In- und Ausland Akqui­si­tio­nen täti­gen. Bevor er zu Rödl & Part­ner kam, war Jochen Reis 13 Jahre bei pwc, haupt­säch­lich in der Trans­ak­ti­ons­be­ra­tung im Private Equity Bereich im Large-Cap Sektor tätig. jochen.reis@roedl.com Rödl & Part­ner ist der agile Kümme­rer für mittel­stän­disch geprägte Welt­markt­füh­rer und ist an 110 eige­nen Stand­or­ten in rund 50 Ländern vertre­ten. Neben der Trans­ak­ti­ons­be­ra­tung bietet Rödl & Part­ner Dienst­leis­tun­gen in den Berei­chen Wirt­schafts­prü­fung, Steu­er­be­ra­tung, Rechts­be­ra­tung, Unter­neh­mens- und IT-Bera­tung an.

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