
Warum werden die USA immer wichtiger für den deutschen Mittelstand?
TRANSLINK in Frankfurt
Foto: Christian Hörner
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23. April 2025
1. Warum schauen die USA immer noch sehr intensiv nach Deutschland und auf den deutschen Mittelstand?
Der deutsche Mittelstand genießt international einen exzellenten Ruf, insbesondere in den USA. Wir erleben – zumindest im Mittelstand und bei Small- & Mid-Cap-Transaktionen — in unserer Beratungspraxis eine ungebrochene Nachfrage amerikanischer Unternehmen nach deutschen Mittelständlern in Schlüsselsektoren, insbesondere in den Bereichen Maschinenbau, Automatisierung, IT und Medizintechnik – alles Sektoren, die für Innovationskraft, Qualität und technologische Expertise stehen. Wir durften in den letzten Jahren zahlreiche US-amerikanische Käufer in den o.g. Bereichen bei Akquisitionen und strategischen Partnerschaften in den o.g. Sektoren begleiten.
Aus amerikanischer Sicht zeigen sich – unabhängig von den aktuellen geopolitischen Unwägbarkeiten – in Europa immer noch günstigere Bewertungsniveaus im Rahmen von M&A‑Transaktionen als in den USA und zudem zeichnen sich gerade etliche deutsche Mittelständler durch technologischen Vorsprung, hohe Innovationskraft und stabile Kundenbeziehungen aus, was für strategische Käufer aus den USA klar entscheidend ist. Viele mittelständische Unternehmen sind Weltmarktführer in ihren Nischen („Hidden Champions“) und bieten genau das Know-how, das US-Firmen für ihre Wertschöpfungsketten suchen. Insgesamt bleibt der deutsche Mittelstand ein Schlüsselziel für amerikanische Investoren – sei es durch Direktakquisitionen oder strategische Partnerschaften.
2. Wie unterscheidet sich die Akquisition eines Unternehmens in Amerika gegenüber Akquisition hierzulande?
Die Grundprinzipien einer M&A‑Transaktion sind in beiden Märkten ähnlich; wesentliche Unterschiede erkennen wir insbesondere in der Art und Weise, wie Unternehmen angesprochen und Deals strukturiert werden.
Die Ansprache von Zielunternehmen in den USA ist oftmals informeller und direkter als in Deutschland; allerdings ist die Gesamtheit an Zielunternehmen in den USA oftmals erheblich größer als bei uns. Die Herausforderung für deutsche Käufer in den USA ist es somit, alle relevanten „Deal Opportunities“ aufzuspüren und die Pipeline an Opportunities zu managen; ein Prozess, der ohne M&A‑Berater mit lokaler Präsenz nur sehr mühsam und aufwändig zu strukturieren ist. Umgekehrt liegt die Herausforderung für US-Käufer in Deutschland eher darin, dass die Gesamtheit an attraktiven und verfügbaren M&A‑Targets in Deutschland wesentlich kleiner als in den USA ist; das führt dazu, dass oftmals „der erste Schuss sitzen muss“, daher muß der USP eines US-Käufers für ein deutsches Zielunternehmen noch besser herausgearbeitet werden.
Auch in der Deal-Strukturierung gibt es einige Unterschiede. Exemplarisch sind zu nennen, dass in den USA Käufer und Verkäufer intensiver über Haftungsklauseln, Garantien und mögliche Streit-Beilegungsmechanismen verhandeln. Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Rolle von Earn-Out-Strukturen, die in den USA häufiger genutzt werden, um Kaufpreise an künftige Geschäftsentwicklungen zu knüpfen.
Kurzum, es gibt eine Reihe von „Does“ und „Dont’s“. Wir bei TRANSLINK sind stark auf die Bedürfnisse europäischer Käufer in den USA und auf die Bedürfnisse von US-amerikanischen Unternehmen in Europa eingestellt und unterstützen seit über 50 Jahren erfolgreich Unternehmen bei der Anbahnung, Strukturierung und Umsetzung von internationalen M&A‑Transaktionen im Mittelstand.
3. Gewinnen jetzt die USA für deutsche Unternehmer als zusätzlicher Standort tatsächlich an Bedeutung?
Ja, eindeutig. — Und dies ist vor allem ein Trend, den wir bei vielen familiengeführten Mittelständlern sehen, die noch keine oder nur eine subkritische eigene Präsenz in den USA haben.
Es gibt mehrere Gründe dafür. Die USA sind eine der dynamischsten und die größte Volkswirtschaft der Welt, mit einem riesigen Binnenmarkt, einem immer noch stabilem Wachstum und hoher Innovationskraft. Die USA bieten weiterhin attraktive Rahmenbedingungen für Unternehmen, insbesondere im Technologie‑, Gesundheits- und Industriesektor, und locken USA mit einem unternehmensfreundlichen Umfeld. Steuerliche Anreize, flexible Arbeitsmärkte und eine große Kundenbasis machen den Markt für deutsche Unternehmen ausgesprochen attraktiv.
Und natürlich sind die veränderten Handelsbedingungen und Zollregulierungen ein neuer, wesentlicher Treiber. Viele deutsche Mittelständler, die stark exportorientiert sind, müssen sich zunehmend mit Handelsbarrieren auseinandersetzen – insbesondere im transatlantischen Geschäft. Ein Standort in den USA kann hier eine strategische Lösung sein, um direkt im Zielmarkt präsent zu sein und Handelshemmnisse zu umgehen. — Kurzum, wie sehen durch die gegenwärtigen Verwerfungen keine Trendumkehr; eher im Gegenteil.
Der Markteintritt in den USA ist allerdings nicht trivial – die Wettbewerbssituation ist intensiver, Compliance-Anforderungen können komplex sein und die kulturellen Unterschiede in der Geschäftspraxis sind nicht zu unterschätzen. Unternehmen, die in den USA wachsen wollen, sollten sich daher gut vorbereiten und sich erfahrene Berater an die Seite holen, um Risiken zu minimieren und Chancen bestmöglich zu nutzen.
Christian Hörner ist Managing Partner bei Translink Corporate Finance, seit 1972 einer der Pioniere im Cross Border Small- & Mid Cap‑M&A‑Beratungsgeschäft.
Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit durfte er Erfahrungen bei einem Big Four Unternehmen und bei zwei Investmentbanken in den Bereichen M&A, Corporate Finance und Kapitalmärkte sammeln und hierbei Kauf- und Verkaufsprozesse von DAX- und MDAX-Unternehmen von der Pike auf kennenlernen. Er hat über 20 Jahre Erfahrung im M&A‑Geschäft und unterstützt Finanzinvestoren, Konzerne, mittelständische Unternehmen und Unternehmer bei der erfolgreichen Umsetzung von Unternehmensverkäufen und von Zukäufen in Deutschland und im Ausland. Er verantwortet bei Translink die Sektorgruppen TMT (Technology, Media & Telecom) und Industrials.
choerner@translinkcf.com