Welche Rolle spielen Immaterielle Rechtsgüter (IP) bei der Unternehmens-bewertung? Welche Verfahren gibt es dafür?
Ganz grundsätzlich ist die Bewertung von immateriellen Rechtsgütern eines Unternehmens ein viel diskutiertes und äußerst komplexes Thema. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Bewertung von Marken. Der Wert von Marken hängt u.a. in nicht unerheblichem Maße von der Bekanntheit der Marke bei den maßgeblichen Verkehrskreisen im Markt ab. Für die Bewertung von immateriellen Rechtsgütern wurde von Wirtschaftsprüfern in der Vergangenheit eine Reihe von Methoden entwickelt, nach denen die Wertermittlung unterschiedlicher Immaterialgüterrechte erfolgen kann. Diese Methoden sind fallweise anzuwenden. Die Wahl der im konkreten Einzelfall anzuwendenden Methode bestimmt sich auch danach, welche Art von Schutzrechten und immateriellen Rechtsgütern im Unternehmen vorhanden sind.
Eine generalisierende Antwort auf die Frage, wie IP in einem Unternehmen bewertet wird, ist nur sehr schwer möglich. In diesem Zusammenhang ist es von höchster Bedeutung, in einem ersten Schritt eine sorgfältige IP due diligencedurchzuführen und so den Bestand der Immaterialgüterrechte im Unternehmen genau zu ermitteln. Diese Synopse des Bestands ermöglicht anschließend die adäquate Wahl der Methode für die nachfolgende Bewertung der Rechtsgüter.
Im Bereich von Erfindungen und anderen eintragungsfähigen Arbeitsergebnissen, ist die Anmeldung von Schutzrechten im Namen des Unternehmens äußerst empfehlenswert. Durch eine Eintragung als Schutzrecht erreicht man eine Monopolisierung der jeweiligen Rechte. Für technische Lehren, die gegenüber dem gegenwärtigen Stand der Technik Neuerungen enthalten, ist die Anmeldung und Eintragung als Patent oder Gebrauchsmuster möglich. Anderen (kreativen) Arbeitsergebnissen kann, je nach Art, durch die Anmeldung als Marke oder als Geschmacksmuster (Design) zum rechtlichen Schutz verholfen werden.
Schwieriger wird es naturgemäß dort, wo Arbeitsergebnisse nicht eintragungsfähig sind. Dies gilt insbesondere für urheberrechtlich geschützte Werke und technisches know-how, das die für die Anmeldung zum Patent erforderliche Erfindungshöhe nicht erreicht. Hier kann ein Schutz des geistigen Eigentums gegenüber Dritten in der Regel nur durch umfassende Geheimhaltungsvereinbarungen wirkungsvoll erzielt werden. Im Rahmen der Gestaltung solcher Geheimhaltungsvereinbarungen ist insbesondere darauf zu achten, dass eine Umkehr der Beweislast für den Fall der unerlaubten Veröffentlichung geheimer Informationen vorgesehen ist. Eine solche Regelung legt dem Vertragsgegner die Pflicht auf, im Streitfall nachzuweisen, dass die von ihm verbreiteten Informationen der Öffentlichkeit bereits vorher bekannt waren.
Nach einem Wandel in der Rechtsprechung ist seit einigen Jahren die Eintragung von Marken für Einzelhandelsdienstleistungen möglich. Es müssen lediglich im Rahmen der Markenanmeldung die Waren, mit denen Einzelhandel betrieben wird, konkret benannt werden. Dies war für junge aber etablierte Internet-Firmen wie zalando oder mytheresa, die – zum Teil mit umfangreichen Werbeaktivitäten — viel Geld in den Aufbau ihrer Marke gesteckt haben, eine wichtige Entwicklung. Sie können dadurch die Marken für die angebotenen Dienstleistungen umfassend schützen lassen.
Für solche Unternehmen ist es in aller Regel schwierig, ihre Wert gebenden Inhalte durch eingetragene Rechte schützen zu lassen. Schöpferische Ideen, Gestaltungen von Online-Seiten, Businesspläne und Finanzierungsstrukturen sind – soweit sie durch eine schöpferische Leistung geprägt sind – unter Umständen durch das Urheberrecht geschützt, möglicherweise auch unter Gesichtspunkten des know how-Schutzes. Insoweit ist im Einzelfall zu beurteilen, ob urheberrechtlicher oder know how-Schutz besteht und wie wertvoll die dahinterstehenden Ideen sind. Die monetäre Bewertung von Urheberrechten und Geschäftskonzepten gestaltet sich deswegen als äußerst schwierig und zeitintensiv.
3 a): Gibt es neue Entwicklungen im Bereich IP? International?
Aufgrund der herausragenden Bedeutung von Immaterialgüterrechten im Wirtschaftsverkehr ist dieser Bereich laufend durch neue Entwicklungen geprägt. Gerade der IP-Bereich ist im Rahmen der Bemühungen um harmonisiertes Recht in der Europäischen Union starken europarechtlichen Einflüssen ausgesetzt.
Gegenwärtig beschäftigen die Diskussionen um die Änderungen in der Markenrechtsrichtlinie sowie die grundsätzliche Verabschiedung des Gemeinschaftspatents die Fachgremien. Die derzeit von der EU-Kommission beabsichtigten und noch kontrovers diskutierten Änderungen der Markenrechtsrichtlinie sollen eine noch stärkere Harmonisierung des nationalen Markenrechts in den einzelnen Mitgliedsstaaten herbeiführen und damit die rechtliche Transparenz in diesem Bereich weiter erhöhen. — Ende 2012 wurde zudem nach jahrelangem Ringen in Brüssel die Einführung des Gemeinschaftspatents für die EU verabschiedet. Bei dem zukünftigen Gemeinschaftspatent handelt sich, wie auch bei der Gemeinschaftsmarke, um ein einziges Schutzrecht mit einheitlicher Wirkung in den Mitgliedsstaaten der EU. Anders als bei der Gemeinschaftsmarkenverordnung, die für sämtliche Mitgliedsstaaten gilt, nehmen jedoch Italien und Spanien an dem System des Gemeinschaftspatents nicht teil. In diesen Ländern werden nach wie vor nationale Patentanmeldungen erforderlich sein.