Mehr Corporate Venture Capital in Sicht
Mehr und mehr große Unternehmen haben erkannt, daß ein Ventures Capital-Arm nicht nur eine strategische Komponente bietet, um möglichst früh Zugang zu zukunftsweisenden Technologien zu erhalten, sondern auch finanzielle Returns erwirtschaften kann. Mit CVC lassen sich beide Ziele oft optimal kombinieren.
Es gibt mehr Corporate Venture Capital in den letzten Jahren, die die immer größer werden Finanzierungslücke schliessen können, die sich nach der Seed- und Frühphasenfinanzierung in Deutschland verstärkt auftut. Grund dafür ist die relativ gute Versorgung mit Kapital in der frühen Phase durch Business Angels und den HTGF, Bayern Kapital, etc. Doch für die danach notwenigen Finanzierungsrunde gibt es immer weniger traditionelle VCs, die genügend Kapital bereitstellen können.
Cartagena Capital ist zum Beispiel seit Anfang 2011 als globaler Deal-Sourcing-Advisor von Telefonica Ventures aktiv. Das ist der CVC-Arm der spanischen Telefonica, der bislang hauptsächlich in den USA und Israel investiert hat. Das ist für uns sehr interessant, insbesondere, wenn man bedenkt, Telefonica hauptsächlich in Europa und Lateinamerika als Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen tätig ist. Zu diesem Zweck hat die Telefonica-Gruppe aber noch eine Funds-Familie von über € 300m unter dem Namen ‘Amerigo’ in Brasilien, Kolumbien, Chile und Spanien aufgelegt, um in den Kernländern stärker aktiv zu sein. Zusätzlich gibt es auch noch den Inkubator ‘Wayra’ in 14 Städten, darunter Ende 2012 seine Tore in München eröffnet hat.
Wir sehen im Bereich CVC natürlich erst einmal die Branchen, die im Technologie-Segment unterwegs sind. Traditionell haben die Spieler aus der Telekom-Branche (T‑Venture, Vodafone Ventures, Telefonica Ventures, Qualcomm Ventures), aus den Bereichen Energie (Siemens Ventures Capital, Yellow&Blue, das ist der VC-Arm des holländischen Energieversorger Nuon aus der Vattenfall –Gruppe), Greencoat Capital (früher Novusmodus, CVC des irischen Energieversorgers ESB) und Chemie (Evonik, BASF Venture Capital, etc.) Corporate Venture Funds aufgelegt. Natürlich ist auch die Medienbranche sehr aktiv im CVC-Bereich, z.B.: Pro7Sat1 Ventures, DuMont Ventures, DLD Ventures (der Investmentarm von Burda). Vielfach investieren CVCs sowohl direkt in Unternehmen, als auch indirekt als Fund-in-Fund-Investor in andere VC-Funds, um einen größeren geographischen Radius zu erreichen.
Sicherlich unterscheiden sich die Investmentstrategien der einzelnen Unternehmen mit CVC Aktivitäten sehr, aber ich glaube nicht, dass es sich primär um eine geographische Differenzierung handelt. Die einzige Ausnahme ist vielleicht Frankreich, wo es mehr und mehr Multi-Corporate Venture Capital-Funds zu geben scheint. Bisher etwa Aster Capital, der VC Fund von Schneider Electric, Alstom and Rhodia. — In letzter Zeit scheint es auch Bestrebungen von Unternehmen unterschiedlicher Branchen zu geben, gemeinsame VC-Funds aufzulegen. Im Übrigen gibt es Funds von globalen Firmen wie Google Ventures, die z.B. ausschliesslich in den USA investieren mit durchschnittlichen Tickets von unter $1m. Natürlich akquiriert Google nach wie vor kleinere europäische Unternehmen, aber Direktinvestitionen als Minderheitsbeteiligungen sind eine Seltenheit.
Interessant ist auch die Investmentstrategie von Funds wie 3M New Ventures oder des BMW iVentures. Als globaler, aber ursprünglich US-basierter Konzern, hat 3M von München aus seine VC-Aktivitäten weltweit ausgerollt. Das ist ungewöhnlich, wo doch die USA als das Geburtsland des Venture Capital gilt. Auf der anderen Seite hat der Münchener Automobilhersteller BMW seinen iVentures Fund in den USA angesiedelt – und zwar nicht im Silicon Valley oder in Boston, sondern in New York mit seiner sonst eher medienlastigen Prägung als Silicon Alley. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in einer zunehmend globalisierten Welt der Venture Fund eines globalen Unternehmens in allen Hauptmärkten aktiv sein muss, unabhängig von seinem Headquarter.