ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Prof. Dr. Stephan R. Göthel

Status quo bei der Mitarbeiterbeteiligung

Dazu 3 Fragen an Prof. Dr. Stephan R. Göthel LL.M. (Cornell)

GÖRG Part­ner­schaft von Rechts­an­wäl­ten mbB in Hamburg
Foto: Prof. Dr. Stephan R. Göthel
18. Septem­ber 2024

Das Thema Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung ist vor allem für junge Unter­neh­men inter­es­sant, die in puncto Gehalt mit etablier­ten Unter­neh­men kaum mithal­ten können. Es gibt unter­schied­li­che Modelle, über die man sich infor­mie­ren sollte und es müssen auch bestimmte Rahmen­be­din­gun­gen einge­hal­ten werden.


Dazu 3 Fragen an Prof. Dr. Stephan R. Göthel LL.M. (Cornell), Part­ner bei GÖRG Part­ner­schaft von Rechts­an­wäl­ten mbB in Hamburg

1. Wie ist denn der aktu­elle Stand bei den Mitar­bei­ter­be­tei­li­gun­gen in der Praxis?

Das Thema Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung spielt in der Praxis eine wich­tige Rolle. Dies gilt nicht nur für etablierte Unter­neh­men, sondern insbe­son­dere auch für Start-ups und Wachs­tums­un­ter­neh­men. Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung ist ein wich­ti­ger Hebel, um im Wett­be­werb um Talente (“War for Talents”) erfolg­reich zu sein. Ziel ist es, die Mitar­bei­ter an der Wert­stei­ge­rung des Unter­neh­mens und einem späte­ren Exit zu beteiligen.

Mit Wirkung zum 1.1.2024 hat der Gesetz­ge­ber das Zukunfts­fi­nan­zie­rungs­ge­setz in Kraft gesetzt, mit dem die steu­er­li­chen Nach­teile der Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung durch echte Anteile verbes­sert werden. Dazu wird z.B. die Besteue­rung des geld­wer­ten Vorteils zeit­lich gestreckt, so dass der Arbeit­neh­mer nicht bereits zu einem Zeit­punkt Steu­ern zahlen muss, zu dem er noch keine Zahlung aus der Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung erhal­ten hat (sog. „Dry-Balance-Proble­ma­tik“). Mit einem „Zwei­ten Zukunfts­fi­nan­zie­rungs­ge­setz“, das seit Ende August als Refe­ren­ten­ent­wurf vorliegt, sind weitere steu­er­li­che Erleich­te­run­gen für den Finanz­platz Deutsch­land geplant, wie z.B. eine Erhö­hung des Steu­er­frei­be­trags. Die Rege­lun­gen zur Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung blei­ben ansons­ten unverändert.

Dennoch hinken die Rahmen­be­din­gun­gen für die deut­sche Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung im inter­na­tio­na­len Vergleich hinter­her. Zum einen bestehen im Ausland weiter­hin güns­ti­gere steu­er­li­che Rege­lun­gen, insbe­son­dere in den USA. Zum ande­ren bestehen gesell­schafts­recht­li­che Nach­teile des deut­schen Rechts­sys­tems fort, insbe­son­dere im Bereich der bei Start-ups und Wachs­tums­un­ter­neh­men belieb­ten Rechts­form der GmbH.

2. Welches ist das bevor­zugte Modell in der Praxis?

Das bevor­zugte Modell für deut­sche Start-ups sind virtu­elle Betei­li­gun­gen (sog. VSOP oder Phan­tom Stocks), woran sich auf abseh­bare Zeit auch nichts ändern dürfte. Hier haben sich mitt­ler­weile Stan­dards heraus­ge­bil­det, mit denen die Praxis sehr gut umge­hen kann. Der steu­er­li­che Vorteil besteht darin, dass im Zeit­punkt der Ausgabe der virtu­el­len Betei­li­gung unstrei­tig kein Besteue­rungs­ri­siko besteht und die Mitar­bei­ter daher zunächst steu­er­frei an einem entspre­chen­den Betei­li­gungs­pro­gramm teil­neh­men können. Nicht uner­wähnt blei­ben darf aller­dings, dass virtu­elle Betei­li­gun­gen später bei Veräu­ße­rung der Einkom­men­steuer und damit einer höhe­ren Besteue­rung unter­lie­gen als reale Anteile.

Ausge­hend von der für junge Start-ups übli­chen Rechts­form der GmbH werden virtu­elle Betei­li­gun­gen vor allem aus gesell­schafts­recht­li­cher und Kosten­sicht attrak­tiv blei­ben. Echte GmbH-Geschäfts­an­teile gewäh­ren im Vergleich zu virtu­el­len Betei­li­gun­gen unent­zieh­bare Gesell­schaf­ter­rechte wie das Teil­nah­me­recht an Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen und Infor­ma­ti­ons­rechte gegen­über der Gesell­schaft. Nur die Wahl einer kompli­zier­te­ren und teure­ren Struk­tur über eine zwischen­ge­schal­tete Mitar­bei­ter­ge­sell­schaft als Pooling-Vehi­kel kann diese Rechte einschrän­ken. Auch das Erfor­der­nis der nota­ri­el­len Beur­kun­dung bei der Einräu­mung oder Entzie­hung von echten Mitar­bei­ter­be­tei­li­gun­gen spricht unter Kosten­ge­sichts­punk­ten eher für die Mitar­bei­ter­bin­dung durch virtu­elle Beteiligungen.

3. Und was zeich­net am Ende ein attrak­ti­ves Mitar­bei­ter­be­tei­li­gungs­pro­gramm aus?

Unab­hän­gig von der recht­li­chen Ausge­stal­tung eines Mitar­bei­ter­be­tei­li­gungs­pro­gramms über echte oder virtu­elle Anteile oder andere Alter­na­ti­ven wie Anteils­op­tio­nen oder Genuss­scheine muss es zunächst die Inter­es­sen des Unter­neh­mens und der Mitar­bei­ter in Einklang brin­gen. Gleich­zei­tig sind aber auch die Inter­es­sen der Grün­der und Inves­to­ren zu berücksichtigen.

Das Unter­neh­men benö­tigt die Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung, um sich am Arbeits­markt als attrak­ti­ver Arbeit­ge­ber zu posi­tio­nie­ren und die Mitar­bei­ter lang­fris­tig zu moti­vie­ren. Gleich­zei­tig kann es Zahlun­gen nur bei Liqui­di­täts­zu­fluss leis­ten, also im Falle eines Exits und ausnahms­weise bei Gewinn­aus­schüt­tun­gen. Die Mitar­bei­ter stre­ben möglichst attrak­tive Kondi­tio­nen an und wünschen sich daher eine gewisse Sicher­heit, im Falle eines Exits auch tatsäch­lich finan­zi­ell zu parti­zi­pie­ren. Aber auch, dass sie ihre verdien­ten Mitar­bei­ter­an­teile nicht verlie­ren, wenn sie das Unter­neh­men verlassen.

Grün­der und Inves­to­ren wollen natur­ge­mäß auch, dass eine Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung für die Mitar­bei­ter attrak­tiv ausge­stal­tet ist. Sie haben aber auch ihre eige­nen finan­zi­el­len Inter­es­sen im Blick. Für Grün­der bedeu­tet dies vor allem, die Größe des Betei­li­gungs­pro­gramms, die Zutei­lungs­be­din­gun­gen und die Konse­quen­zen für ausschei­dende Mitar­bei­ter im Auge zu behal­ten, um nicht zu stark verwäs­sert zu werden. Inves­to­ren sind regel­mä­ßig darauf bedacht, dass die Mitar­bei­ter­an­teile erst nach einem gewis­sen Liqui­di­täts­zu­fluss bei ihnen bedient werden. — All diese Inter­es­sen müssen ausba­lan­ciert und in klare Regeln gegos­sen werden. Gelingt dies, schafft ein Mitar­bei­ter­be­tei­li­gungs­pro­gramm einen echten Mehr­wert für den lang­fris­ti­gen Unternehmenserfolg.

 

Prof. Dr. Stephan R. Göthel berät in den Berei­chen M&A/Private Equity, Venture Capi­tal und Gesell­schafts­recht. Er verfügt über umfang­rei­che Erfah­rung bei natio­na­len und inter­na­tio­na­len Unter­neh­mens­käu­fen, Joint Ventures, Unter­neh­mens­fi­nan­zie­run­gen (insbe­son­dere Venture Capi­tal Trans­ak­tio­nen), Unter­neh­mens­um­struk­tu­rie­run­gen sowie Manage­ment- und Mitar­bei­ter­be­tei­li­gun­gen. Darüber hinaus berät er seine Mandan­ten laufend in allen Fragen des Gesellschaftsrechts.

Stephan R. Göthel berät Unter­neh­men verschie­dens­ter Bran­chen vom Start-up bis zum Markt­füh­rer sowie Inves­to­ren (Busi­ness Angels, Venture Capi­tal Inves­to­ren, Private Equity Inves­to­ren und Family Offices). Als Trus­ted Advi­sor vieler Mandan­ten ist es sein Anspruch, jeder­zeit die best­mög­li­che Bera­tung mit klaren Empfeh­lun­gen zu geben — prag­ma­tisch, lösungs­ori­en­tiert und mit Blick auf die wirt­schaft­li­chen Ziele des Mandanten. 

sgoethel@goerg.de

 

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