Trends in FinTech und Future of work
ACTON Capital in München
Weitere Interviews
10. Juli 2019
1. Wie entwickelt sich der Fintech-Sektor in Europa bzw. Deutschland?
Im letzten Jahr hat Europa eine bemerkenswerte Dynamik im Fintech-Sektor gezeigt. So hat sich das Volumen aller Investitions- und M&A‑Transaktionen mit über 34 Mrd. Dollar gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Die USA führen mit 54 Mrd. noch immer, doch sinkt der Abstand. Gerade im FinTech-Bereich kommen die spannendsten Disruptoren aus Europa – und stellen 6 der weltweiten Top10 Fintech-Deals des letzten Jahres. Auch deutsche Fintechs haben bemerkenswerte Finanzierungsrunden durchgeführt, Raisin mit über 110 Mio. USD und N26 mit 160 Mio. USD, freilich noch ein grosser Abstand zu den 440 Mio. USD von Oaknorth in Grossbritannien. Gleichzeitig sinkt die Anzahl der Neugründungen im Sektor und die Konsolidierung nimmt zu. Das wird sich in Zukunft weiter verstärken – Investoren werden selektiver und stellen immer größere Finanzierungsvolumina zur Skalierung erfolgreicher Geschäfte bereit.
2. Welcher Trend zeichnet sich hierzulande als nächstes ab?
Wir investieren extrem selektiv mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Die relevante Frage für uns ist daher nicht nach dem aktuellen Trend, sondern welche Unternehmen auch in fünf oder zehn Jahren noch erfolgreich am Markt sind. Das erfordert, jeweils neue Technologien in einen überlegenen Kundennutzen und ein belastbares Geschäftsmodell umzusetzen. Hier sehen wir im Fintech-Bereich den nachhaltigen Trend zum Open Banking, zum Plattform Banking.
Wer als Bank oder auch Nicht-Bank viele Kunden hat, bündelt für diese flexibel und dynamisch die jeweils passendsten Finanzprodukte und Dienste. Das erfolgt technisch über offene Schnittstellen, API´s, oder gleich über spezifische Marktplätze. Kreditspezialisten wie Iwoca können so ihre Finanzierungen für Kleinunternehmen dort anbieten, wo der Finanzierungsbedarf entsteht, also auf Beschaffungsplattformen wie Alibaba oder bei Buchhaltungsdiensten wie Xero. Anbieter wie Mambu stellen als Software-as-a-Service die notwendige Technologie, ohne große Vorabinvestitionen und mit kurzer Time-to-Market. Auch die Bündelung von Finanzdiensten mit anderen Leistungen, wie z.B. Mobilität, wird zunehmen. Cluno, also das flexible, jederzeit kündbare Auto-Abonnement, ist insoweit ein Fintech-Unternehmen.
3. “Future of Work” hat sich als neuer Investment-Sektor herausgebildet. Das jüngste Investment von Acton Capital war Expertlead. Was muss man sich unter “Future of Work” vorstellen?
Future of Work reflektiert den fundamentalen Wandel in der Arbeitswelt, auch um der wachsenden Markt-Dynamik Rechnung zu tragen. Weg von festen Arbeitsplätzen mit starren Tätigkeiten in festgefügten Organisationen. Hin zu flexiblen Strukturen mit fallweisen, projektbezogenen Einsätzen von Arbeitskräften. In der alten Welt wären die Transaktionskosten dafür zu hoch, Technologie hat diese jedoch dramatisch gesenkt. Viele, gerade hochqualifizierte Arbeitskräfte wollen sich nicht mehr langfristig an ein Unternehmen und eine Tätigkeit binden. Jahraus, jahrein von „Nine-to-five“ immer dasselbe tun ist out. Gesucht sind vielmehr spannende Projekte, mit denen man sich auch persönlich weiterentwickelt, und unabhängig von Zeit und Raum arbeitet.
Gerade im IT-Bereich ist das besonders ausgeprägt. Hier liefert Expertlead die Lösung, lässt dabei nur die allerbesten IT-Fachkräfte zu, nach intensiven Eingangs- und laufenden Prüfungen. Damit ist es eine Auszeichnung für die besten IT-Kräfte, auf Expertlead zugelassen zu werden, und gleichzeitig Garant dafür, nur die spannendsten Projekte zu erhalten. Unternehmen erhalten so Zugang zu einem Talentpool, der ihnen sonst verschlossen wäre – wer kennt schon die besten Leute weltweit für ein komplexes Projekt und kann deren Qualifikation auch selbst beurteilen? Das übernimmt in diesem Fall die Plattform, ebenso wie die kosten- und zeitintensive Suche, Koordination und Administration, also das, was keiner gerne macht. — Diesem Ansatz werden wir sicherlich auch in anderen Funktionen und Branchen sehen.
Über Frank Seehaus
Keine Komplexität ist Frank Seehaus zu hoch, insbesondere wenn es darum geht Funktionalitäten, Prozesse und Zahlen eines Unternehmens zu durchdringen und zu hinterfragen. Von dieser Präzision profitieren nicht nur die von ihm betreuten Portfolio-Unternehmen, auch komplexe Transaktionen sind bei ihm gut aufgehoben. Das Wandern in Bergluft schärft die Sinne. So leitete er unter anderem die erfolgreichen Exits von Elite Partner, Holiday Check, OnVista und Zooplus in die Wege.
Stationen: Deutsche Bank, Burda Digital Ventures
ACTON-Portfolio: GameDuell (D), BS24 (D), HomeToGo (D), IWOCA (UK), Finanzcheck (D)