ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Kai Horten

Die Rolle des Beirats ändert sich gerade grundlegend

Dazu 3 Fragen an Kai Horten

XELLENTO
Foto: Kai Horten
6. August 2024

Unter­neh­mer müssen Entschei­dun­gen tref­fen, die für ihren Betrieb eine große Trag­weite haben können. Oft bietet der Aufsichts­rat oder Beirat dafür ein Gesprächs­fo­rum oder wird zuneh­mend zum Spar­rings-Part­­ner für Gesell­schaf­ter und Geschäfts­füh­rung. Unter ande­rem geopo­li­ti­sche Verän­de­run­gen machen zuneh­mend andere, neue Quali­fi­ka­tio­nen und Erfah­run­gen eines Aufsichts­rats / Beirats hoch willkommen. 


Dazu 3 Fragen an Kai Horten, Part­ner bei XELLENTO mit Fokus auf Indus­trie- und Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men, insbes. Vertei­di­gung, Luft­fahrt, Auto­mo­tive, IT/Cybersecurity

1. Sie sagen, Tätig­keit und Arbeit eines Beirats ändern sich gerade. Woran machen Sie das fest und was sind die Gründe dafür?
Unter­neh­men, Unter­neh­mens­füh­rung und deren Aufsichts- und Beirats­gre­mien muss­ten sich schon immer neuen Heraus­for­de­run­gen stel­len. Die aktu­ell herr­schende Gleich­zei­tig­keit extrem fordern­der Themen stellt jedoch eine beson­ders ausge­prägte Häufung dar: Der explo­die­rende Fach­kräf­te­man­gel, rasante Fort­schritte bei der Anwen­dung künst­li­cher Intel­li­genz sowie die Ener­gie­tran­si­tion verur­sa­chen tief­grei­fende struk­tu­relle Umbrü­che. — Hinzu kommen die unmit­tel­ba­ren Auswir­kun­gen geopo­li­ti­scher Krisen: Sei es der Zugang zu kriti­schen Rohstof­fen oder die Verfüg­bar­keit von siche­ren Trans­port­we­gen, der verän­derte Zugang zu Märk­ten durch Zölle und Embar­gos, die plötz­lich fehlende Verfüg­bar­keit von LKW-Fahrern infolge des Ukraine-Kriegs oder die zuletzt nahezu explo­die­ren­den Schä­den durch Cyber-Atta­cken. Und selbst die KI hat einen geopo­li­ti­schen Unter­grund: Vor allem die USA und China liefern sich hier ein auch macht­po­li­ti­sches Duell, bei dem Europa eher am Katzen­tisch sitzt. War Geopo­li­tik früher eher etwas für Spezia­lis­ten, ist sie heute für nahezu jedes Unter­neh­men wich­tig. Man kann sich nicht immer auf alles im Detail vorbe­rei­te­ten – aber völlige Über­ra­schun­gen soll­ten durch ein ange­mes­se­nes Risi­ko­ma­nage­ment vermie­den werden. Daher ist man gut bera­ten, im Aufsichts­rat / Beirat und in der Unter­neh­mens­lei­tung eine ‚Senso­rik‘ für diese Themen fest zu etablie­ren. Diese Aspekte erfor­dern auch eine Verän­de­rung in der Zusam­men­ar­beit zwischen Vorstand/Geschäftsführung und Aufsichtsrat/Beirat. Für letz­tere bedeu­tet dies erheb­lich gestei­gerte Anfor­de­run­gen an die Quali­fi­ka­tion, an eine rele­vante Beitrags­fä­hig­keit zu aktu­el­len Themen sowie insge­samt Profes­sio­na­li­sie­rung und Diver­si­fi­zie­rung. Eine weitere Verän­de­rung betrifft die Art der Zusam­men­ar­beit: Neben den fest termi­nier­ten drei bis vier Sitzun­gen pro Jahr kommt es zuneh­mend auch zum ad-hoc Austausch zu akuten Themen. Die Beiräte sollen dabei nicht nur die Geschäfts­füh­rung unter­stüt­zen oder kontrol­lie­ren, sie müssen die rich­ti­gen Fragen stel­len, über ein großes Netz­werk verfü­gen und für Themen sensi­bi­li­sie­ren, die die Geschäfts­füh­rung even­tu­ell noch nicht auf dem Radar hat. Diese quali­ta­tiv und auch zeit­lich höhe­ren Anfor­de­run­gen schla­gen sich im Gegen­zug zuneh­mend auch in der Vergü­tung nieder.
2. Bedeu­tet das, dass Unter­neh­men jetzt bezie­hungs­weise in den kommen­den Jahren ihre Beiräte besser austau­schen sollten?
Das ist meist ein flie­ßen­der Prozess, geht aller­dings noch deut­lich lang­sa­mer voran, als sich das Umfeld entwi­ckelt. Gerade manches Fami­li­en­un­ter­neh­men lernt erst schmerz­haft, dass es nicht mehr genügt, allein auf das eigene Netz­werk zu vertrauen. Etablierte und lange erfolg­rei­che Unter­neh­men werden durch ein exter­nes Ereig­nis gezwun­gen, schlag­ar­tig umzu­den­ken, etwa wenn durch eine Hacker-Atta­cke mona­te­lang der Betrieb still­steht, weil man an seine eige­nen Daten nicht mehr heran­kommt. Ein Beirat oder Aufsichts­rat, der hier schon Erfah­rung in Sachen Cyber­se­cu­rity gesam­melt hat, kann sehr viel beitragen.
3. Ein Blick in die Kris­tall­ku­gel, was denken Sie, ist denn sonst noch zu erwar­ten aus geopo­li­ti­scher Perspektive?
Die regel­ba­sierte Welt­ord­nung befin­det sich mindes­tens in einer grund­le­gen­den Krise – wenn sie denn über­haupt wieder etabliert werden kann. Der russi­sche Angriffs­krieg auf die Ukraine, der hybride Krieg – aktu­ell mindes­tens gegen Molda­wien, Serbien und die balti­schen Staa­ten –  sind dabei allein die euro­päi­sche Dimen­sion. — Darüber hinaus ist mit einer Eska­la­tion der Situa­tion zwischen Taiwan, China und USA zu rech­nen – für mich keine Frage des ‚ob‘, sondern ledig­lich des ‚wann‘ und in welcher Trag­weite. Aber auch direkt vor der ‚euro­päi­schen Haus­tür‘ bergen die zuneh­mende Insta­bi­li­tät auf dem afri­ka­ni­schen Konti­nent und nicht zuletzt der zuneh­mend eska­lie­rende Nahost­kon­flikt noch­mals ganz andere Bedro­hungs­sze­na­rien. Ein abseh­bar drama­tisch stei­gen­der Migra­ti­ons­druck mit in der Folge zuneh­men­der Einschrän­kung der Frei­zü­gig­keit in Europa ist da nur ein Aspekt denk­ba­rer Konse­quen­zen.   Über Kai Horten  Kai Horten berät Gesell­schaf­ter und Unter­neh­mer bei stra­te­gi­schen Perso­nal­ent­schei­dun­gen. Neben der Beset­zung von Aufsichts­rä­ten, Beirä­ten und Bran­chen­ex­per­ten bei Board Xperts berät er im Team der Perso­nal­be­ra­tung XELLENTO Execu­tive Search auch Industrie‑, Mittel­stands- und Fami­li­en­un­ter­neh­men sowie Private Equity-Firmen bei der Beset­zung der ersten und zwei­ten Ebene. Vor dem Wech­sel in die Perso­nal­be­ra­tung war er 14 Jahre CEO und Geschäfts­füh­rer bei ESG Elek­tronik­sys­tem- und Logis­tik GmbH, Premium AEROTEC sowie Atlas-Elek­tro­nik. Er hat das Studium der Luft- und Raum­fahrt­tech­nik als Diplom-Inge­nieur (Univ.) an der Univer­si­tät der Bundes­wehr München abge­schlos­sen.  www.board-xperts.com Board Xperts wird beim dies­jäh­ri­gen Family Office Forum in Wies­ba­den Mitte Septem­ber disku­tie­ren, ob wirkungs­volle Beiräte und Aufsichts­räte nur Wunsch­den­ken oder tatsäch­lich erreich­ba­res Ziel sind. Das Unter­neh­mens­pro­fil von Board Xperts finden Sie in der FYB 2024-Ausgabe S. 349.

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